Alpentöne 2017
Vertraut, fremd und voll mit Überraschungen
Vom 18. bis 20. August findet in Altdorf das Musikfestival Alpentöne statt. Mit der zehnten Ausgabe verlässt der langjährige Gesamtleiter Hansjörg Felber das Festival, dessen Nachfolge ab 2019 Pius Knüsl antreten wird. Johannes Rühl bleibt als künstlerischer Leiter erhalten. Das von ihm verantwortete Programm ist in diesem Jahr wieder sehr abwechslungsreich und voll mit Überraschungen.
Johannes Rühl sagt zum musikalischen Alpentöne-Programm, dass er nicht bestrebt ist, dem Publikum immer zwingend die neueste Musik zu präsentieren. Ihm ist mehr daran gelegen, die gerade interessantesten Produktionen aus dem besonders kreativen Umfeld der Alpen nach Altdorf zu bringen. Ein Blick ins Programm zeigt, dass ihm das wohl wieder geglückt ist. Im Editorial zum Programmheft schreibt Rühl: «Das Programm der zehnten Ausgabe des Festivals ist wieder ein Kaleidoskop mit Bekanntem und Unbekanntem, mit verträglichen und für manche unverdaulichen Musiken. Diese Mischung aus Vertrautem und Fremdem ist die Essenz der Alpentöne. Ohne das Alte gäbe es das Neue nicht. Wobei das Alte zuweilen noch ungewisser ist als das Neue, woraus sich ein faszinierendes Spiel ergibt, das wir auch dieses Jahr wieder nach Herzenslust betreiben.»
Ein gut vernetztes Festival
Dem Programm ist anzumerken, was für ein dichtes Netzwerk das Festival mit den Jahren aufgebaut hat. Die Hochschule Luzern, das Haus für Kunst Uri, das Literaturhaus Zentralschweiz gehören genauso dazu wie Partnerfestivals im ganzen Alpenraum und weit darüber hinaus. Gemeinsam mit dem Lucerne Festival wurde in diesem Jahr ein Kompositionsauftrag an die junge Musikerin Helena Winkelman vergeben. Das zeitgleich aufgeführte fundamentale Stück «Alp-Chehr» von Heinz Holliger soll mit dem Werk der jungen, höchst erfolgreichen Musikerin kontrastieren.
Das Festival war schon immer ein Seismograf musikalischer Befindlichkeiten der Alpen. Alpentöne ist bestrebt, mit den jeweiligen Schwerpunkten die aktuellen Strömungen der Musik im Alpenraum zu widerspiegeln. In diesem Jahr hat das Akkordeon einen starken Auftritt. Eingeladen sind neben dem derzeit erfolgreichsten Vertreter neuer alpiner Musik in Österreich, Herbert Pixner, weitere prominente Musikerinnen und Musiker, darunter neue Formationen wie die Samurai Accordion Masters mit Spitzenmusikern der europäischen Szene zwischen Folklore und Jazz. Eine Entdeckung für viele wird sicher das Duo Bottasso mit dem jungen Italiener Simone Bottasso am Organetto. Der Urner Akkordeonist Fränggi Gehrig, der am Sonntag mit seinem Programm «In der Wurzelzone» ein Heimspiel im theater (uri) hat, gehört inzwischen genauso zur Spitze dazu wie Markus Flückiger, der mit seinem Trio Ambäck auftritt. Der blinde Akkordeonspieler Otto Lechner aus Wien war schon oft in Altdorf. Auf Initiative des Festivals steht er bei seinem Konzert nun erstmals gemeinsam mit der bekannten finnischen Akkordeonistin Maria Kalaniemi im Duo auf der Bühne.
Fremde Einmischungen sind Programm
Mehr als bisher sind fremde Einmischungen dabei. Die Verbindungen der Schweizer Szene mit Finnland werden augenscheinlich immer enger. Nadja Räss kommt mit einem äusserst charmanten Trio mit finnischer Beteiligung. Ein weiteres Finnland-Highlight ist das kuriose Mundharmonikaquartett «sväng» aus Helsinki, das finnische Volksmusik mit ganz heutigen Tönen anschlägt.
Weitere Höhepunkte des Festivals sind das Duo Anja Lechner und Alireza Morttazavi. Die Cellistin ist eine der Exponentinnen des Labels ECM, mit dem sie unzählige CDs aufgenommen hat. Der junge Hackbrettspieler aus dem Iran ist ein Meister des minimalistischen Hackbrettspiels. Auch dieses Konzert ist – wie auch die Zusam- menarbeit zwischen Maria Kalaniemi und Otto Lechner – eine Premiere, die auf Initiative des Festivals zustande kam. Das hat dann mit den Alpen insofern zu tun, als es sich um eine Streichmusik in Kleinstbesetzung handelt. Die Klänge werden dem Schweizer Publikum jedenfalls sehr vertraut sein.
Auf Initiative des Musikfestivals Alpentöne treten ebenfalls zwei weiterebekannte Gesichter in der Altdorfer Kirche St. Martin auf. Der italienische Klarinettist Gianluigi Trovesi und der Perkussionist Pierre Favre präsentieren unter dem Titel «Il profumo delle Alpi» ein neues Programm, begleitet von Fabio Piazzalunga an der Kirchenorgel.
Eröffnung mit Marco Solari und einem spektakulären Projekt von Erika Stucky
Der Präsident des Locarno Film Festivals, Marco Solari, wird dieses Jahr die Eröffnungsansprache halten. Ihm ist das Alpenthema eine Herzenssache, hat er sich doch vor zehn Jahren mit dem Projekt Gottardo 2020 landesweit für Aufsehen gesorgt. Im Anschluss daran gestaltet Erika Stucky das Eröffnungskonzert im Tellspielhaus. Begleitet wird sie vom bekannten Countertenor Andreas Scholl, dem Barockorchester La Cetra und dem Punkmusiker FM Einheit von den Einstürzenden Neubauten.