Das Wort hat Christine Gertschen
«Hallo Jugend, wo bleibst du?», frage ich mich mit einem kritischen Blick in den Spiegel. Schon wieder müsste der Haar-ansatz gefärbt werden. Ja, ich gebe es zu, seit Jahrzehnten färbe ich die Haare. Früher aus Spass und Experimentierfreude und heute, um die grauen zu überdecken. Und immer wieder stehe ich vor der Entscheidung: «Weiter färben oder ergrauen?»
Ich stelle das Radio lauter: Was, Dimitri ist gestorben?! Ich habe ihn nicht persönlich gekannt und bin trotzdem erschüttert. Dimitri, ein grossartiger Künstler, ein bescheidener Mensch, ein liebevoller Ehemann und Familienvater; er wird fehlen. Mit einem lauten Seufzer stelle ich traurig fest: Die Idole meiner Jugendtage sterben.
Udo Jürgens wird nie mehr «Cherie» hauchen, die «Schiffsfeger-Polka» von Beny Rehmann gibts nur noch ab Konserve und Ruedi Rymann singt den «Schacher Seppli» nun im Duett mit dem Petrus.
Ich halte einen Augenblick inne: Peter Alexander, Götz George, Bud Spencer, Ambros Seelos, Louis Menar und und … und singe still für mich: «Die alten Freunde aber sind nicht mehr». Noch ehe die Wehmut die Oberhand gewinnt, erklingt im Radio Hildegard Knef mit ihrem Klassiker «Für mich soll’s rote Rosen regnen». Ja genau, für mich und für alle anderen auch. Ich tanze um den Tisch und bin froh, dass es die SRF Musikwelle gibt. Sie ist meine Heimat – beruflich und auch emotional. Hier bleiben meine Jugendidole lebendig, und nicht nur das. Auf der Musikwelle haben auch junge begabte Musikerinnen und Musiker eine Heimat gefunden von Carina Walker über Jonas Gross bis Lisa Stoll und viele andere. «Hallo Jugend, du bist da und bist willkommen!»
Übrigens, die Haare werde ich nicht mehr färben. Ich stehe zu meinen 55 Lenzen. Und sollte mir die neue Pracht nicht gefallen: Meine Coiffeuse hätte ein farbiges Mittelchen und ich würde wieder vor dem Spiegel stehen und mich fragen: «Weiter färben oder ergrauen?» Die Welt ist rund und bunt.
Christine Gretchen
Moderatorin SRF Musikwelle

21.09.2016
VON CHRISTINE GERTSCHEN