Der Mosnanger Musiker Michi Jud
Ob Jodelgesang, Tanzmusik oder Blaskapelle: Der musikalische Allrounder Michi Jud kann über jedes Thema aus eigener Erfahrung diskutieren. Seine augenscheinliche Leidenschaft für Volksmusik nutzt er vollberuflich und gibt sein Wissen und Können gerne an Andere weiter.
23.11.2016 | VON RUEDI ROTH
Die Pflege der Volksmusik spielte schon im Elternhaus Jud eine wesentliche Rolle. Der Vater war Aktivmitglied in einem Jodlerklub und Michis Mutter spielte mehrere Instrumente. Der musikalische Werdegang begann beim Abtrocknen mit der Mutter, wobei immer gesungen wurde. Mit der im Haushalt vorhandenen Handorgel machte Michi ebenfalls Bekanntschaft und besuchte ab der dritten Klasse den Unterricht in der örtlichen Musikschule. Das Talent des Jungen wurde bald einmal entdeckt. Da und dort wurde ihm geraten, sich in weiteren Instrumenten zu versuchen. Dass es auch dazu kam, war wohl auch Mutters Grundeinstellung zu verdanken. Ihr Drängen für das Erlernen eines weiteren Instruments begründete sie Michi gegenüber immer mit der Feststellung: «Je früher, desto besser.»
Das Erlernen des Klarinettenspiels wurde ihm empfohlen und der Funke sprang schnell. Das eigenständige Spielen einer Melodie entfachte in Michi das musikalische Feuer, welches ihn bis dato nicht mehr verliess. Seine Kreativität äusserte sich schon damals, indem er Stücke nach Gehör einübte und sich mit dem Notenlesen nur zum Schein beschäftigte. «Natürlich bemerkte die Lehrperson meine diesbezügliche Nachlässigkeit, aber mein Spiel fand trotzdem Gefallen bei ihr», schmunzelt Michi Jud über die ersten Einsätze seines guten Musikgehörs. Der Töfflibueb, wie der Musikus seine damaligen Wesenszüge amüsant beschreibt, liess sich dann aber doch mehr oder weniger begeistert mit der Notenkunde ein. Der Toggenburger hatte nämlich während dieser Zeit klar Fuss gefasst in der Musik und wollte seine Berufsausbildung auch in diese Richtung lenken.
Berufsmusiker
Nach der Sekundarschule stand das Vorbereitungsjahr zur Aufnahmeprüfung am Konservatorium Winterthur an. Dort besuchte Michi während drei Jahren den Ausbildungslehrgang zum Akkordeonlehrer SALV. «Am Konsi in Winterthur wurde ich damals als Volksmusiker von den anderen Teilnehmern mitleidig belächelt, was mich aber nicht von meinem Weg abbringen liess», erinnert sich Michi Jud belustigt an jene Zeit. Heute habe die Volksmusik aber auch dort wieder einen anderen Stellenwert. Parallel zur Ausbildung am Konservatorium betätigte sich der junge Mann als Verkäufer und Unterrichtserteilender in der Musikschule Frei Ebnat-Kappel. Ebenfalls in diese Zeit fiel der Dirigentenkurs Unter- und Mittelstufe des St.Galler Blasmusikverbandes. So deckte Michi mit seiner Aktivität schon damals eine beträchtliche Bandbreite der Schweizer Volksmusikkultur ab. Und fast selbstverständlich brachte sich das aussergewöhnliche Talent während dieser Lernjahre auch noch das Spiel auf Klavier und Schwyzerörgeli und im Jahr 2006 auf der Bassgeige bei. Um ein solches Pensum erfolgreich zu bewältigen, braucht es aber mehr als Talent. Einerseits bedingt es Begeisterung für Volksmusik allgemein, andererseits aber auch Optimismus und Durchhaltewillen. «Ja, ich werfe die Flinte nicht so schnell ins Korn. Mit einer positiven Einstellung erreicht man nämlich viel», weiss Michi Jud aus eigener Erfahrung.
Während seiner Jugendjahre kristallisiert sich für ihn bald einmal ein Toggenburger als grosses Vorbild heraus. Das Trio Willi Valotti begeisterte den Ebnat-Kappler vollumfänglich und er besuchte möglichst viele Auftritte seines Idols. Es ist die konzertante Volksmusik im Allgemeinen, welche Michi anspricht. Doch zu Willi Valottis unerschöpflicher Kreativität fühlte er sich im Besonderen hingezogen. Dies schlug sich natürlich auch in den eigenen Kompositionen des Mosnangers nieder. Egal welche Sparte: Michi Jud versucht, in seinen Melodien aussergewöhnliche Harmonien einzuflechten. Er möchte sie mit möglichst viel musikalischer Farbe dekorieren und freut sich auch darüber, wenn die Stücke gerade deswegen beim Publikum Anklang finden. «Einfache Titel müssen auch sein. Doch das Darbieten gehaltvoller Kompositionen erfüllt mein Herz eindeutig mehr und lässt mich in der Musikwelt aufgehen», beschreibt der Musiker seine Vorlieben.
Ziemlich gegensätzlich waren da die musikalischen Ansichten in der Kennenlernphase zwischen Michis heutiger Frau Rita und ihm. Sie bevorzugte im Ausgang stimmungsvolle und unterhaltende Volksmusik in möglichst voller Bude. Michi mochte es lieber, wenn ruhig zugehört wurde und die Konzerte im kleinen Rahmen vollzogen wurden. «Meinen Lieblingssound beschrieb mein Schatz damals etwas abschätzig und kam eher missmutig mit mir an eine solche Veranstaltung», besinnt sich Rita Jud lachend. Kennen und lieben gelernt haben sich Rita und Michi im Schwyzerörgeliunterricht. Die junge Frau aus Wolfertswil bei Degersheim eiferte ihren Vorbildern nach und wollte sich das Spiel auf diesem Instrument beibringen lassen. Der Lehrer hiess Michi Jud und war bald einmal der Hauptgrund bezüglich Unterrichtsbesuch. Im Jahr 2007 heirateten die beiden und sind heute glückliche Eltern von Ladina (9) und Ramona (7).
2003 begann sich Michi Jud als Musiklehrer selbständig zu machen. Über Kontakte mit Musikschülern wurde im zur Gemeinde Mosnang gehörenden Weiler Mühlrüti bekannt, dass dieser Mann auch das Dirigentendiplom für Blasmusik hat. Die vorhandene Dirigentenvakanz bildete sodann den Startschuss für Michis Blasmusikkarriere. Er erkannte das dortige Potential in musikalischer und kameradschaftlicher Art bald. Heute sind die Unterhaltungsabende dieser Musikgesellschaft bestückt mit Gesangseinlagen und vermögen stattliche Besucherzahlen aufzuweisen. «Der hier gepflegte Stil der böhmischen Blasmusik spricht mich sehr an und ich steuere auch mal Eigenkompositionen bei. So hat sich der Blasmusikverein eine eigene Visitenkarte beschafft und die Spielfreude ist enorm in dieser Truppe», freut sich Michi Jud.
Steirisch, urchig und jodelnd
Für Michis Laufbahn als aktiver Musikant in der Volksmusik ist Renato Allenspach wesentlich mitschuldig. Der Spezialist für steirische Volksmusik erkannte dessen Talent und gründete mit ihm die Formation AlpenGmbH. Über Renato Allenspach lernte Michi auch einen Volksmusikanten kennen, welcher sich vermehrt mit der traditionellen Schweizer Ländlermusik abgibt. Jok Gähler ist heute sein Musikpartner im Trio Möööh, mit dem er gerne im urchigen Stil aufspielt. Gählers Kompositionen finden bei Michi Gefallen und er steuert dem Repertoire auch gerne eigene Titel bei. Doch damit sind noch nicht alle Formationen von Michi Juds bisherigen Engagements aufgezählt. Mit den Habsburg Musikanten trat er bis 2014 als Sänger auf und nicht selten amtet der rührige Musikus auch als Alleinunterhalter. «Insgesamt gesehen ist aber die Zahl der Auftritte eher rückläufig. Dafür vergrössert sich die Anzahl der Musikschüler, insbesondere im Schwyzerörgeliunterricht, stetig», beschreibt Michi Jud seine Auftragslage. Doch langweilig wird es ihm ohnehin nicht; auf zu vielen Hochzeiten tanzt der unermüdliche Schaffer. Da wäre einmal die Jodlerei. Den Startschuss hierfür legte Ruth Scherrer-Meile. Diese junge Solojodlerin begleitete Michi im Jahr 2005 erstmals an einem Jodlerfest und damit war seine Karriere auch in dieser Sparte Volksmusik lanciert. Bald einmal komponierte er erste Titel für Solo- und Duettvorträge und will damit noch lange nicht aufhören.
Eine entscheidende Begegnung fand 2012 am Unterhaltungsabend des Jodeldoppelquartetts Zug statt. Dort amtete Michi als Jodelbegleiter einer Gastformation und machte Bekanntschaft mit dem Dirigenten Thuri Zwicker aus Zürich. Dieser beabsichtigte den Dirigentenstab seines zweiten Jodlerklubs Herisau-Säge in nächster Zeit abzugeben. Ein gemeinsames, interessantes Gespräch genügte und in der folgenden Woche schaute Michi bei der Jodlerklubprobe im Appenzellerland rein. Inzwischen hat sich der Toggenburger in diesem Verein bestens etabliert und geniesst die Arbeit mit dieser Schar talentierter und traditionsbehafteter Jodler. Jetzt fühlte sich Michi Jud gut ausgelastet in Sachen dirigieren und erteilte sämtlichen folgenden Anfragen eine Absage aus vorerwähntem Grund. Doch eine Jodlerformation schaffte es schliesslich doch noch, sich Michis Können zu sichern. Das Jodelchörli Alpsteinblick aus Abtwil steht seit dem Sommer 2015 unter seiner Leitung. Es vermag ihn mit seiner Vorliebe für kurzweilige Ausbrüche aus der traditionellen Jodelliteratur zu begeistern. Zudem begeben sich die Abtwiler gerne auch auf längere Reisen, womit sie eine weitere Leidenschaft mit Michi Jud teilen.
Gemeinsam in Hobby und Beruf
Der Jodelgesang hat sich im 2010 erbauten Mosnanger Einfamilienhaus regelrecht eingenistet. Ehefrau Rita jodelt im Bergsonnechörli Mosnang. Michi komponiert Jodellieder, amtet im Vorstand des Eidgenössischen Dirigenten- und Komponistenverbandes und hat erfolgreich den Jurorenkurs des Eidgenössischen Jodlerverbandes abgeschlossen. Doch damit noch nicht genug. Die Teilnahme an einer Produzentenschule und die Ausbildung zum Tontechniker sind weitere Pfeiler des umfassenden Wissenskatalogs von Michi Jud. Zudem bietet er seit 2010 einen Notenschreibservice sowie Aufnahmen im hauseigenen Tonstudio an. Etliche Tonträger tragen schon seine Handschrift und in diesem Bereich will sich der umtriebige Toggenburger wenn möglich noch ausweiten. Zusammen mit Ehefrau Rita wurde schliesslich in diesem Jahr auch noch der Musikverlag «michismusik» gegründet.
Diese Fülle von Arbeitseinsätzen muss gut geplant sein. «Michi ist abends oft weg. Dafür geniessen wir tagsüber seine Anwesenheit mehr und können uns diesbezüglich überhaupt nicht beklagen», resümiert Rita Jud die vielen Engagements ihres Mannes. Das familiäre Leben bedeutet dem Vollblutmusikanten sehr viel. Er geniesst gemeinsame Tätigkeiten oder Ausflüge, welche ein Abschalten der beruflichen Gedanken mit sich brächten. «So fasst man immer wieder frischen Mut und geniesst das Leben, welches uns mit Musik eine grosse Befriedigung schenkt!»