Der Hauptpreis ging ins Berner Seeland
Mit einem Wettbewerb liess das Haus der Volksmusik den digital archivierten Melodien von Kasi Geisser neues Leben einhauchen. Die Idee stiess bei verschiedensten Musikschaffenden auf grosses Interesse und animierte diese zu spannenden Neuschöpfungen, von welchen sich am 3. Dezember 2017 deren zehn in einer finalen Ausscheidung gegenüberstanden.
23.01.2018 | VON MARKUS BRÜLISAUER
FOTOS ELISA HIPP (URNER WOCHENBLATT
Kasi Geisser war der einflussreichste Ländlermusiker des 20. Jahrhunderts. Und dies ist er heute noch. Er wurde zwar nur knapp 44 Jahre alt und starb bereits 1943, seine Musik wird aber immer noch häufig gespielt.
Die Aufgabe, Kasi Geissers Nachlass zu digitalisieren, war ein grosser Brocken für das Haus der Volksmusik. Digitalisieren und ins Internet stellen ist das eine, die Menschen dazu zu bewegen, das Angebot auch zu nutzen, ist das andere. So entstand die Idee, einen Wettbewerb zur Neuinterpretation von Kasi Geisser-Kompositionen auszuschreiben. Der Wettbewerb «Quasi Geisser» war geboren. Finanziell getragen wurde das Projekt von Pro Helvetia im Rahmen der Initiative «Kulturelle Vielfalt in den Regionen», sämtlichen Zentralschweizer Kantonen, der Fondation SUISA und weiteren Förderern.
Vom Trio bis zum Orchester
Am Abend des 3. Dezembers 2017 standen die insgesamt zehn Nominierten im theater(uri) in Altdorf zur Uraufführung ihrer Kreationen auf der Bühne. Die Original-Geisser-Version spielte jeweils die Ländlerkapelle Echo vom Gätterli aus Gersau, die wohl profilierteste Formation, wenn es um den «Alten Innerschwyzer-Stil» geht. Rund 250 Personen liessen sich diese musikalischen Leckerbissen nicht entgehen. Geissers Vorlage herauszuhören, gestaltete sich nicht immer einfach. Sowohl Formationen wie auch Interpretationen waren enorm vielfältig und unterschiedlich. Vom Trio bis zur 50-köpfigen Blasmusik reisten Formationen vom Berner Seeland, über Basel und das Zürcher Oberland bis an den Walensee und das Entlebuch zur Uraufführung nach Altdorf. Die musikalischen Einflüsse in den Interpretationen reichten von Klezmermusik aus New York, Tango aus Uruguay, Wiener Walzer, bis hin zur neuen Musik. Es gelang, das Interesse Vieler an Kasi Geissers Musik zu wecken. Der enorme gegenseitige Respekt war förmlich zu spüren. Die traditionelle Volksmusik wurde von Musikern und Publikum ebenso geschätzt wie die neuen musikalischen Einflüsse.
Alle Nominierten durften je 800 Franken entgegennehmen. Der Siegertitel wurde mit einem Preisgeld von 3’000 Franken belohnt. In der Jury sassen die beiden Musiker und Komponisten Ueli Mooser und Markus Flückiger sowie SRF2 Kultur-Redaktorin Mariel Kreis, die Marc Hänsenberger aus dem bernischen Erlach mit dem Hauptpreis auszeichnete. Mit seiner Formation «Musique Simili» spielte er die Geisser-Komposition «Halb italienisch – halb schweizerisch». «Bereits in diesem Original widerspiegelt sich ein Plädoyer für Offenheit gegenüber dem Anderen, verbunden mit dem Eigenen, respektvoll, aufrichtig und vor allem liebevoll. Das Andere mit dem Eigenen verbinden. Zu Geissers Zeit waren das Andere die Italiener. Marc Hänsenberger machte aus dieser zweifarbigen Realität vom Anfang des 20. Jahrhunderts die vielfarbige Realität von heute. In 3,5 Minuten streift er Deutschland, Rumänien, Frankreich, der Balkan taucht auf, Ungarn und auch die Schweiz. Die kulturelle Vielfalt zeigt sich auch in den verwendeten Taktarten 7/8, 6/8, 4/4 und 3/4. Trotz der Vielfalt funktioniert das Stück. Mehr noch: Es ist trotz der unterschiedlichen Musiksprachen homogen. Marc Hänsenberger zeigt, dass das Andere eine Bereicherung ist», so Mariel Kreis in ihrer Laudatio.
Ziel erreicht: Kasi Geisser lebt
Der Preisträger Marc Hänsenberger sagte bei der Preisübergabe, dass er Kasi Geisser vor dem Wettbewerb nur dem Namen nach kannte. Erst mit der Ausschreibung begann er sich mit Geissers Musik zu befassen. Dank der Plattform www.volksmusik.ch konnte er dies bequem von zu Hause aus tun und musste nicht in einem Archiv in staubigen Unterlagen wühlen. Hänsenberger sieht auch Parallelen zwischen Geisser und den Zigeunermusikern: Auch sie liessen sich von anderer Musik inspirieren und schufen daraus etwas Eigenes.
Etwas Eigenes kreieren war die Idee des Wettbewerbes und dieses Ziel wurde erreicht. In einem weiteren Schritt werden ein Video-Mitschnitt der Uraufführung auf dem youtube-Kanal des Hauses der Volksmusik publiziert und die Arrangements werden in die Volksmusik-Datenbank www.volksmusik.ch eingepflegt und dort mit den entsprechenden Original-Titeln von Kasi Geisser verknüpft.
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