Seid ihr auch schön brav gewesen?
St. Nikolaus kommt bald
Am 6. Dezember verkleiden sich wieder Tausende zu Nikoläusen, Samichläusen, Schmutzlis, Knecht Ruprechts und wie sie alle heissen. In verschiedener Ausprägung gibt es den Brauch fast auf der ganzen Welt und man darf deshalb sicher vom grössten Brauchtumsanlass reden. Allein in der Schweiz gibt es viele Formen des Samichlaus, der auf die Legende des Bischofs von Myra zurückgeht.
Nähert man sich ganz pragmatisch dem Thema Samichlaus, so trifft man auf eine grosse Anzahl von Informationen zu allerlei Chlausanlässen. Werden in den reformierten Gegenden eher schlichte Feiern – meistens nur solche im engeren Familienkreis – abgehalten, gibt es an anderen Orten prunkvolle Chlauseinzüge mit herrlichen Laternen und grossen Umzügen. Einen eindrücklichen Einblick hierüber erhält man auf der Website der Chlausengemeinschaft Menzingen, die bereits im Jahr 1998 eine Internetseite zum Thema veröffentlichte. Auf der mittlerweile meistbesuchten Seite findet man neben Informationen rund um den Brauch auch ein eindrückliches Chlausenverzeichnis. Dieses zeigt auf, dass es neben privaten Chläusen viele Chlausengesellschaften und artverwandte Vereinigungen gibt.
Chlausentag am 6. Dezember
Weshalb der Samichlaus am 6. Dezember kommt, ist schnell erklärt: Nikolaus von Myra, auf welchen sich der Brauch stützt, starb an einem 6. Dezember – je nach Quelle in den Jahren 326 bis 365, weshalb an diesem Tag auch der Namenstag für Nikolaus gefeiert wird. Hingegen ist der 6. Dezember kein gesetzlicher Feiertag. In der orthodoxen Kirche ist die Verehrung von St. Nikolaus seit dem Jahr 550 belegt. Deren Feier findet immer am 6. Dezember – im gregorianischen Kalender jedoch 13 Tage später – statt. Deshalb kommt der Samichlaus in einigen Ländern erst am 19. Dezember! Dass an diesem Tag die Kinder befragt werden, ob sie denn während des Jahres brav gewesen seien, hat direkten Zusammenhang mit der sogenannten Perikopenordnung (eine vorgegebene Reihenfolge der biblischen Themen im Jahreslauf) der Kirche zu tun. Daraus geht hervor, dass am 6. Dezember das Gleichnis der anvertrauten Talente vorzusehen sei, in dessen Verlauf ein Herr seine Knechte nach den erreichten Zielen in einem Prüfungsjahr befragt.
Ursprünglich war der Nikolaustag der Tag der Weihnachtsbescherung, ein Brauch, der in einigen Ländern auch heute noch gilt. Infolge der Ablehnung der Heiligenverehrung in der Reformation wurde die Bescherung auf Weihnachten verlegt und dem Christkind übergeben. Die Begleitung von Nikolaus weist auf den Sieg des Guten über das Böse hin. Diese Begleiter können entweder einzeln oder auch in Gruppen auftreten. Im östlichen Alpenraum sind das die so genannten Krampusse, Schreckensgestalten, welche die bösen unartigen Kinder bestrafen. In anderen Gebieten hat oftmals Knecht Ruprecht diese Rolle. In seinem Namen steckt das Wort «Precht», eine alte Bezeichnung für den Teufel. Weitere Bezeichnungen offenbaren dessen wahres Wesen: Düvel, Beelzebub, Leutfresser, Chindlifrässer (gleichnamiger Brunnen in Bern), Böser Klaus, Spitzbartl oder eben auch Schmutzli.
Mit der Rute in der Hand und dem Sack oder einem Tragkorb auf dem Rücken will er kinderraubend durch das Land ziehen. Sein Ziel aber erreicht er nicht, denn Sankt Nikolaus führt ihn an der kurzen Leine!
Chlausjagen in Küssnacht am Rigi
An manchen Orten werden um den Samichlaus grössere Anlässe organisiert, die Volksfestcharakter haben. Der wohl grösste seiner Art ist das Chlausjagen in Küssnacht am Rigi. Abends um acht Uhr versammeln sich die rund 1̓500 Chlausjäger in ihren weissen Hirtenhemden. Nach einem Böllerschuss um Viertel nach Acht geht in ganz Küssnacht die Beleuchtung aus. Die Geislechlepfer lassen ihre Peitschen knallen, während sie dem Umzug vorangehen. Hinter ihnen tänzeln still die Iffeleträger mit kunstvollen Iffelen (Laternen) auf dem Kopf. Die aus Karton und Seidenpapier gefertigten Iffele sehen aus wie Kirchenfenster, welche von innen durch Kerzen beleuchtet werden. Die grössten sind mehr als zwei Meter hoch und 20 kg schwer. Anschliessend folgt der Samichlaus, der von mehreren Fackelträgern und Schmutzlis begleitet wird. Diese verteilen Krapfen, Dörrfrüchte und Nüsse an die Zuschauer. Die schon lange zu hörende traditionelle Klausenmelodie erklingt von den anschliessenden Blechbläsern, bevor dann der Lärm von Kuhglocken und Trycheln die akustische Herrschaft übernimmt. Seinen Abschluss findet der Umzug durch die Hornbläser. Nach dem Umzug durchstreifen Klausjäger in kleineren Gruppen die ganze Nacht das Dorf Küssnacht, bevor sie sich morgens um sechs zum abschliessenden Sächsizügli wieder zusammenfinden. Auch in diesem Jahr werden wieder an die 20̓000 Zuschauer den ergreifenden Anlass am Vierwaldstättersee besuchen.
St. Niklauseinzug in Flüeli-Ranft
Ein weiteres Beispiel ist der St. Niklauseinzug in Flüeli-Ranft. An diesem geschichtsträchtigen Ort lebte zwar einst Niklaus von Flüe. Trotz gleichem Namen hatte er aber nichts mit dem «Samichlaus zu tun. Alljährlich am letzten Freitag im November findet im idyllisch gelegenen Ort der St. Niklauseinzug statt.
Die St. Niklausaktivitäten starten jeweils um 13.15 Uhr mit dem Seniorennachmittag. Dieser Nachmittag wird mit dem Samiglois, einer Ländlermusik und den Schulkindern von Flüeli-Ranft verschönert. Die Lehrpersonen üben immer wieder treffende Gedichte und Verse ein, um den Seniorinnen und Senioren einen gemütlichen Nachmittag zu gestalten. Zum Abschluss erzählt der Samiglois ein Gedicht und überreicht allen Anwesenden eine Flasche Wein oder Traubensaft. Ab 17 Uhr zieht er von der Mehrzweckhalle mit seinen Engeli, Schmutzlis und Eseli den mit Kerzen beleuchteten Weg entlang weiter zum nahegelegenen Buächwäldli. Dort befindet sich eine Waldhütte mit einem Feuer, wo er alle Jahre über hundert Kinder erwartet, um mit ihnen während zwei Stunden den begehrten Wald-Samiglois zu feiern. Die teils scheuen und teils sehr aufgeregten Kinder können in dieser Zeit ihre vorbereiteten Gedichte und Sprüche vortragen. Anschliessend bekommen sie ein reichhaltig gefülltes Säckli, das die Schmutzlis während dieser Zeit mit spanischen Nüssli, Mandarinen und Süssigkeiten abfüllen. Den ebenfalls enthaltenen Getränkebon können die Kinder nachher mit den Eltern in der Mehrzweckhalle einlösen. Die Niklausengesellschaft Flüeli-Ranft bietet den Wartenden während des ganzen Spektakels gratis Tee an.
Um 19.45 Uhr beginnt der offizielle St. Niklauseinzug bei der Mehrzweckhalle Flüeli-Ranft mit zirka 350 mitwirkenden Trinklergruppen aus dem Kanton Obwalden. Dazu werden alle Strassenbeleuchtungen abgeschaltet. Angeführt wird der Umzug durch die einheimischen Schulkinder, welche alle Jahre sehr schöne Laternen basteln. Traditionell folgt hinter den Schulkindern die Berger Trinklergruppe vom Flüeli, gefolgt vom Samiglois unter einem wunderschönen Baldachin, verziert mit Bildern von Kapellen und dem heiligen Bruder Klaus. Weiter folgen dann die verschiedenen Trinklergruppen mit Fackeln und Infuln. Auch darauf sind wunderschöne Bilder zu sehen. Nachdem der Samiglois zweimal durchs Dorf gegangen ist, endet der Einzug wieder bei der Mehrzweckhalle. Alle teilnehmenden Personen erhalten dort eine warme Verpflegung und ein Getränk. Anschliessend spielt eine Ländlerformation auf und es gibt einen Barbetrieb. Wie in der übrigen Schweiz zieht der Samiglois auch in Flüeli-Ranft an den kommenden Tagen durchs Dorf, wenn er die Familien in ihren Haushalten besucht und die Versli, Lieder- und Musikvorträge zu hören bekommt.