Ueli Moor
Mit seinem feinfühligen musikalischen Gespür und einer besonderen menschlichen Offenheit hat sich der 50-jährige Ueli Moor in verschiedenen Bereichen des Jodelfachs einen klingenden Namen geschaffen. Land&Musig hat den Jodler, Dirigenten, Kursleiter, Juroren und Komponisten in St. Stephan besucht.
23.11.2017 | VON STEFAN SCHWARZ
Ueli Moor bezeichnet sich als typische «Heimkuh» und fühlt sich in der vertrauten Umgebung des Obersimmentals am wohlsten. Anstelle von Ferien am warmen Sandstrand oder in pulsierenden Städten bevorzugt er die inspirierende Stille auf der Alp Dürrenwald oberhalb von St. Stephan oder geniesst im Winter zusammen mit seinen Liebsten die regelmässigen Fahrten über die herrlich präparierten Skipisten. Ein gemütlicher Schwatz mit Gleichgesinnten, ein Jass am Stammtisch und der Besuch im Schiessstand gehören ebenfalls zu den Freizeitaktivitäten von Ueli Moor, dessen ganz grosse Leidenschaft jedoch seit Kindsbeinen dem Jodeln und Singen gehört.
Der Weg zum Chorleiter
Als jüngstes von sechs Kindern wuchs Ueli Moor auf einem Bergbauernheimet an der Winterhalten in St. Stephan auf, wo alsbald auch der vier Jahre jüngere Hermann Rösti in die Familie integriert wurde. «Früjer hi wier a de Sunntige ifach gäre zeme gsunge», erinnert sich Ueli an jene Zeit und erwähnt sogleich auch die unvergessenen Bergsommer auf der Alp Dürrenwald, wo ihn als Statterbub das Jutzen ebenfalls begleitet hatte. Auch der Jodlerklub St. Stephan war in der Familie Moor allgegenwärtig. Vater Ernst wirkte 58 Jahre als engagiertes Aktivmitglied im Klub, während Mutter Hulda bei Festanlässen tatkräftig anpackte und auch bei Reisen gerne mit von der Partie war. So war es eine logische Folge, dass Ueli nach dem Schulabschluss wie zuvor bereits seine älteren Brüder ebenfalls im Jodlerklub St. Stephan landete.
«Früjer hi wier a de Sunntige ifach gäre zeme gsunge»
Bärtel, Chrigel und Ueli Moor gehörten zu den Zugpferden im Verein und wollten ihre Stimmen und ihr Gehör noch zusätzlich fordern. Deshalb gründeten die drei Brüder 1986 zusammen mit ihrem Jodlerkameraden Kari Bieri das Jodlerquartett Ankebälli und interpretierten vorerst im Stegreif und ohne eigentlichen Leiter die ersten Lieder. Als sich Ueli Moor zwei Jahre später entschied, einen Dirigentenkurs zu besuchen, hielt er anschliessend plötzlich nicht nur beim Jodlerquartett Ankebälli die musikalischen Fäden in seinen Händen. Noch am gleichen Abend, an dem der Jodler seinen Klubkameraden sein Vorhaben präsentierte, wurde er 21-jährig spontan zum neuen Dirigenten des Jodlerklubs St. Stephan befördert. Vorgänger Ueli Schopfer war dankbar, dass er das Zepter einem jungen talentierten Jodler übergeben konnte und stellte sich fortan in die Reihen der Sänger. Vor dem Kursbeginn in Bern holte sich Ueli Moor von einem einheimischen Lehrer erste theoretische Tipps und durfte für weitere Harmonieübungen dessen alte Hammond-Orgel mit nach Hause nehmen. Diese wurde fleissig benutzt und diente alsbald auch bei der Fertigstellung des ersten eigenen Naturjutzes. Wertvolle Schützenhilfe bekam Ueli Moor während seines Dirigentenpraktikums vom Jodlerklub Alte Kameraden Därstetten. Dirigentin Marianne Weingart und ihre Mannen sowie insbesondere die im Klub aktiven Gebrüder Widmer und die Sänger des Jodelterzetts Bärgbächli stärkten dem jungen Dirigenten immer wieder kameradschaftlich den Rücken und liessen ihn prägende Erfahrungen sammeln. Weil Marianne Weingart kurz darauf ihr Amt niederlegte, wurde Ueli Moor parallel zu seinem Dirigentenjob in St. Stephan zu deren Nachfolger berufen.
Von Anfang an verrichtete Ueli Moor seine Arbeit als Chorleiter mit grosser Motivationskraft und stellt dabei bis heute stets den Menschen ins Zentrum des Geschehens. So geht er mit offenen Ohren auch auf die «Sörgeleni u Ängschtleni» seiner Kameraden ein und kann akzeptieren, dass die individuelle Leistung eines Sängers aufgrund besonderer Umstände auch mal eine schlechtere Qualität aufweisen kann: «Der Mond ischt ja o net immer glich grosse!» Bei der musikalischen Arbeit vertraut Ueli Moor ebenfalls auf sein Bauchgefühl, das er im Jodlerklub St. Stephan mittlerweile seit 29 Jahren erfolgreich mit den vielen lehrreichen Erfahrungen aus seinen Kursen zum Dirigenten, Kursleiter und Jurymitglied kombiniert. Trotz seines beachtlichen Leistungsausweises sieht sich Ueli Moor stets als Teil des Ganzen und gibt bei Erfolgen die Lorbeeren gerne seinen Kameraden weiter.
Neue Herausforderungen
Eigentlich ist ein Schwingunfall im April 1986 daran Schuld, dass Ueli Moor seine Kräfte nach der Genesung nicht mehr im Sägemehl, sondern vorwiegend im Jodelfach zum Einsatz brachte. Nach der Bandscheibenquetschung, die nicht nur die Schwingkarriere, sondern auch sein soeben begonnenes Welschlandjahr abrupt beendete, fand der gelernte Metzger nach der Rekrutenschule für elf Jahre eine äusserst befriedigende Anstellung in der Coop-Metzgerei Lenk. Weil die offene Theke 1998 geschlossen wurde, wechselte Ueli Moor anschliessend ins Schlachthaus Zweisimmen, wo er tagtäglich den wesentlich brutaleren Teil seines Berufes ausüben musste. Dies bekam dem sensiblen Jodler und Familienvater nicht. Glücklicherweise fand Moor nach der schwierigen Zeit an seinem Wohnort St. Stephan bei den Holzwerken Rieder ein völlig anderes Arbeitsfeld mit neuen Perspektiven. Nach diversen internen Stationen ist er dort mittlerweile im Aussendienst tätig, wo er wie früher im Coop den direkten Kontakt mit der Kundschaft besonders schätzt.
Als Förderer des traditionellen Jodelgesangs nahm Ueli Moor bereits 1995 die neue Herausforderung an, der einheimischen Jodelszene in Sachen Nachwuchsförderung nachhaltige Impulse zu verleihen. Auf Initiative der Lenkerin Käthi Wampfler wurde damals die Jungjodlergruppe Lenk-Matten-St.Stephan ins Leben gerufen, welche schweizweit zu den ersten dieser Art gehörte. Während zwölf Jahren prägte Ueli Moor die sangesfreudigen Jugendlichen im Alter zwischen 10 und 18 Jahren und ist rückblickend auch ein wenig stolz, dass mit dem talentierten Nachwuchs schon bald auch vierstimmige Sätze gesungen werden konnten. Der einzige Frust in diesem Zusammenhang war die Tatsache, dass die jungen Frauen nach dem Austritt aus der Jungjodlergruppe nirgendwo mehr weitersingen konnten. Aus diesem Grund stand Ueli Moor 1999 bei der Gründung der Frauenjodlergruppe Echo vom Flösch Pate und unterstützte die heute über 34-köpfige Truppe bei ihren ersten Proben.
Erfolgreicher Melodienschöpfer
Zusätzliche Aufmerksamkeit erlangte Ueli Moor im Laufe der Jahre mit seinen Eigenkompositionen. Bereits der erste, mit der alten Hammond-Orgel kreierte Naturjutz fand beim Publikum des einstigen Jodlerquartetts Ankebälli grossen Anklang. Dies motivierte zu weiteren Melodieschöpfungen, für die der Komponist in der Obersimmentaler Heimat stets die passende Inspirationen fand. Nachdem Kari Bieris Vater an einer Probe des Jodlerquartetts den Wunsch geäussert hatte, das nur an der Lenk und in St. Stephan gebräuchliche Wort «Pfaffechütti» (Mundartausdruck für Enzian) in ein Lied zu verpacken, konnte Ueli Moor den Schlaf nicht mehr finden. Noch nie zuvor hatte er ein Gedicht oder einen Liedtext geschrieben. Im Bett kam ihm dann die Idee für sein erstes Lied «Bärgwanderig», und zwischen ein und drei Uhr morgens entstanden sämtliche drei Verse seines bislang erfolgreichsten Jodelliedes. Und selbstverständlich fand Ueli Moor auf seiner gedanklichen Bergwanderung auch den passenden Platz für das herrlich blau leuchtende Pfaffechütti: «U chunnsch de him mit frohem Muet, es Pfaffechüttli steckt no am Huet. De hesch du für ne lengi Zyt, es Strüssli i dis Härzli glyt.» Zum Glück hatte Ueli Moor mit dem Jodlerquartett Ankebälli bis zur Auflösung im Jahr 2006 eine ideale Kleinformation zur Verfügung, welche die neuen Kompositionen testen, aufführen und veröffentlichen konnte. Und selbstverständlich freute sich mehr und mehr auch der aufstrebende Jodlerklub St. Stephan darüber, die immer gefragteren Naturjutze und Lieder ihres Dirigenten nach aussen zu tragen. Für diese Bereitschaft ist Ueli Moor seinen Kameraden sehr dankbar, denn auch als Komponist ist er letztendlich auf motivierte Interpreten angewiesen.
Die Authentizität von Ueli Moor und seinem Jodlerklub St. Stephan fiel auch den Produzenten des Mundartrockers Gölä auf. So kam es dazu, dass die Obersimmentaler auf der kürzlich erschienenen CD «Gölä – Urchig» neben elf anderen Neuinterpretationen dessen Hit «Büetzer» als Jodelversion zum Besten geben. Trotz grundsätzlicher Offenheit gegenüber der Idee, kommentierte Moor die Anfrage gegenüber seinen Jodelkameraden im Vorfeld mit klaren Worten: «Wier lah üs de net für jede Scheiss ispanne!» Die unkomplizierten Kontakte mit Gölä und seinem Team, die professionellen Manuskripte und letztendlich auch die Freiheit, den Jutz passend für den Klub umschreiben zu dürfen, erstickten jedoch sämtliche Zweifel im Keime. Ueli Moor, der heuer seinen 50. Geburtstag feiern durfte, kann sich nämlich durchaus vorstellen, dass der stilechte Jodelgesang nicht zuletzt dank solcher Projekte den Weg zu einem erweiterten Publikum finden kann.
I dänk chli nah …
Jodlerklub St. Stephan
Seit knapp 30 Jahren prägt der Dirigent und Komponist Ueli Moor den Jodlerklub aus dem Obersimmental. Sieben Jodellieder und vier Naturjutze der 2013 veröffentlichten Scheibe stammen denn auch aus seiner eigenen Feder. Bereichert wird die Produktion durch das Familienchörli Moors-Rösti, Chrimafrä, die Frauenjodlergruppe «Echo vom Flösch» und das Züelä-Chörli.
16 Titel
Wir si ds Ankebälli gsy
Jodlerquartett Ankebälli
Gemeinsam mit Kari Bieri sowie seinen beiden Brüdern Bärtel und Chrigel war Ueli Moor zwischen 1986 und 2006 auch erfolgreich mit dem Jodlerquartett Ankebälli unterwegs. Mit den besten Titeln aus mehreren Tonträgern erinnert die Zusammenstellung «Wir si ds Ankebälli gsy» gemeinsam mit dem Schwyzerörgeli-Trio Zeller an die gemeinsame Zeit. Besonders beliebt darauf sind bis heute die lustigen Lieder wie «Oh Roseli» oder das «Bodensee-Lied».
16 Titel
Ueli Moor
Geburtsdatum
8. März 1967
Herkunft
St. Stephan BE
Familie
Glücklich verheiratet mit Annerös und Vater der drei erwachsenen Kinder Martina (26), Ramona (23) und Ueli (22).
Hobbys
Jodeln, Skifahren, Wandern, Schiessen
Gelernter Beruf
Metzger
Heutige Tätigkeit
Aussendienstmitarbeiter der Holzwerke Rieder in St. Stephan
Musikalischer Werdegang in Kürze
Nach der Konfirmation trat Ueli Moor 1983 in den Jodlerklub St. Stephan ein, den er 1988 als Dirigent übernahm und bis heute leitet. Von 1986 bis 2006 war er erfolgreich mit dem Jodlerquartett Ankebälli unterwegs. Von 1990 bis 1997 leitete Ueli Moor auch den Jodlerklub Alti Kamerade in Därstetten und von 2011 bis 2016 den Jodlerklub Lenk. 1995 gehörte er zu den Initianten der Jungjodlergruppe Lenk-Matten-St. Stephan und leitete diese während 12 Jahren. 1999 half Ueli Moor mit, die Frauenjodelgruppe Echo vom Flösch zu gründen. Der Kursleiter und Juror ist auch als erfolgreicher Komponist von 47 Liedern und Naturjodelmelodien weit übers heimatliche Simmental hinaus bekannt.
Persönlich
Mein Sternzeichen
Ich bin Fisch, doch Astrologie interessiert mich überhaupt nicht. Ich weiss nur, dass wir drei Fische in der Familie haben und prächtig harmonieren miteinander.
Mein Charakter
Im Umgang mit anderen Menschen habe ich sehr viel Geduld. Mit mir selber aber meistens etwas weniger …
Meine Heimat
Hier im Obersimmental, wo ich seit 50 Jahren lebe, fühle ich mich zuhause. Meine Heimat gefällt mir ausserordentlich gut und ich habe hier meine Liebsten um mich. Als heimatverbundener Mensch könnte ich mich an einem anderen Ort nur schwer ansiedeln.
Meine Tiere
Ich wuchs in einer Bauernfamilie auf und hatte dadurch immer einen guten Bezug zu Tieren. Bei uns zuhause ging bis im letzten Sommer während fast 17 Jahren eine Katze ein und aus. Sie war quasi unser fünftes Familienmitglied. «Uh, i ha üses Büssi gäre gha!».
Meine Sportaktivitäten
Das Skifahren und Wandern in unserer Bergwelt ist mir sehr wichtig. Als Passivsportler verfolge ich gerne, was in der Schweiz so läuft. Ich bin ein regelmässiger Schwingfestbesucher oder fiebere ganz begeistert mit den jungen aufstrebenden Skirennfahrern mit: «I nime mengisch felig Flüg ir Wohnig».
Mein Spieltrieb
Sehr gerne klopfe ich zusammen mit guten Kollegen einen Jass. Auch privat in der Familie mache ich gerne Gesellschaftsspiele «u würde nie verruckt», wenn ich verliere oder der Spielpartner einen Fehler macht. Dazwischen spiele ich auch mal Lotto und hoffe wie viele andere auf mein Glück.
Meine digitale Welt
Mein Handy brauche ich regelmässig im Job oder auch privat. Manchmal mache ich sogar damit einmal einen Jass. Ansonsten schreibe ich am Computer meine Lieder selber auf, kann diese anschliessend ausdrucken und im Eigenverlag auch Dritten weitergeben.
Meine Zukunft
«I hoffe, wier chöne no lang gsund u zwäg si»! Sicherlich gibt es noch die einen oder anderen Ideen und Projekte, doch hierfür braucht es eben die nötige Gesundheit. Ich nehme die Zukunft einfach «vorewäg» und freue mich am Hier und Jetzt.