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50 Jahre Ueli Moor

Vom Jodelvirus befallen

Als begnadeter Jodler, Komponist und Juror ist Ueli Moor weit über das Simmental hinaus bekannt. Am 8. März wurde der «St. Stäffner» ein halbes Jahrhundert alt. Geboren und aufgewachsen in der Winterhalte und im Dürrenwald in St. Stephan hat Ueli Moor seit jeher eine innige Beziehung zu seiner Heimat, die ihn in seinem Wesen und auch als Komponist geprägt hat.

Als ausgesprochener Familienmensch liegt ihm zudem der harmonische Umgang und intensive Austausch mit seinen Liebsten am Herzen. Seit Jahren ist Ueli Moor treuer Speaker der bekannten Alpabfahrt in St. Stephan, die jeweils anfangs September stattfindet. Kaum einer kennt den Dürrenwald so gut und kann die Umgebung und die Familien der Sennen und Zügler so warmherzig und treffend präsentieren, wie dies Ueli tut. Sein urchiges «St. Stäffnere» und sein blumiger Wortschatz tragen das Ihrige dazu bei, dass es jeweils ein weiterer Höhepunkt der jährlichen Alpabfahrt ist, Ueli zuzuhören. Dies ist jedoch nur ein ganz kleiner Teil seines ausgesprochen vielseitigen Wirkens.

Nebst seiner Tätigkeit als Aussendienstmitarbeiter bei der Firma Holzwerk Rieder AG in St. Stephan, die er mit Freude ausübt, ist Ueli Moor vor allem für sein breit gefächertes Wissen und Können in der Jodler-Szene bekannt. Ueli Moor gegenüber zu sitzen, heisst, einen aufmerksamen und interessanten Gesprächspartner vis-à-vis zu haben, der seinen heimatlichen Dialekt ausgiebig pflegt. So wie er dies auch bei seinen Kompositionen tut. Nebst 25 Naturjutzen hat er im Laufe der Jahre 23 Jodellieder geschrieben, die die Natur und das Schöne, manchmal auch das Schwere, das das Leben zu bieten hat, besingen.

Ueli Moor, wie wird man Jodelkomponist? Ist dies eine Gabe, die dir sozusagen in die Wiege gelegt wurde?
Dass ich einer von diesen Menschen sein darf, dem der Herrgott die Gabe des Komponierens erteilt hat, erfüllt mich mit grosser Dankbarkeit und ist für mich nicht selbstverständlich. Ich habe grosse Ehrfurcht vor dem, was mir da geschenkt wurde. Dass etliche von meinen Liedern und Naturjutzen in der ganzen Schweiz gesungen werden, freut mich natürlich sehr. Mir ist jedoch immer bewusst, dass es auch Leute gibt, denen das eine oder andere an meinen Liedern nicht passt. Das ist auch gut so, denn die «Geschmäcker» sind sehr verschieden und das soll auch so bleiben!

Du lebst für den Jodelgesang. Wie hat sich dies entwickelt?
Schon in der Kinderzeit wurde in unserer Familie sehr viel gesungen und gejodelt. Unsere Eltern führten einen kleinen Bergbauernbetrieb. Während der Schulzeit gingen wir jeden Sommer auf die Alp Dürrenwald z’Bärg. Diese Zeit wurde von unserer Familie zum Singen und Nutzen benutzt und hat mich für meine jodlerische Laufbahn sehr geprägt. Am Dienstag nach meiner Konfirmation im Jahre 1983 besuchte ich mit meinem Vater und meinen älteren Brüdern Bärtel und Chrigel meine erste Probe beim Jodlerklub St. Stephan.

Dein Jodlerklub ist der von St. Stephan. Seit wann wirkst du da in welcher Form mit?
Während fünf Jahren wurde der Klub noch von Ueli Schopfer geleitet. Da dieser keine Dirigentenausbildung hatte, war er auf der Suche nach einem Nachfolger. Dies erwies sich als schwierig (was leider auch heute noch so ist). 1986 verunfallte ich beim Schwingen derart, dass ich mit diesem Hobby aufhören musste. So übernahm ich 1988 als 21-jähriger das Amt als Dirigent und darf nun schon seit 29 Jahren Leiter des Jodlerklubs St. Stephan sein. In all den Jahren ist mir mein Jodlerklub so richtig ans Herz gewachsen. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir in dieser Zeit zu einer äusserst kollegialen Gruppe zusammengewachsen sind. An unzähligen Anlässen in unserer Umgebung und in der ganzen Schweiz haben wir einer grossen Fan-Gemeinschaft viele schöne Momente bescheren dürfen. Die vielen Engagements und die noch zahlreicheren Anfragen, die vielen Gäste an unseren Unterhaltungsabenden, zeigen uns, dass wir mit unserem urchigen und etwas eigenen Stil vielen Leuten Freude bereiten. Ein Höhepunkt in unserer Klubgeschichte war bestimmt der 13. Juli 2013, als wir daheim in der Winterhalte unter freiem unseren letzten Tonträger «I dänk chli nah…» einem grossen Publikum vorstellen konnten.

Du bist auch als Juror tätig und hast diverse Jodlerklubs geleitet.
Ich wurde von vielen Seiten gefördert und schon bald wurde ich Kursleiter. In den Jahren 1999 und 2000 liess ich mich zum eidgenössischen Juror ausbilden. Seit dem habe ich an verschiedenen Jodlerfesten in dieser Tätigkeit geamtet. Dadurch wurden auch immer mehr Anfragen von den verschiedensten Jodlerklubs an mich herangetragen. Dies ist etwas, das ich sehr gerne mache. Es ist jedoch mit sehr viel Zeitaufwand verbunden. So leitete ich nebst dem Jodlerklub St. Stephan ab 1990 während über sechs Jahren den Jodlerklub Alti Kamerade in Därstetten. Von 2011 bis 2016 leitete ich zudem den Jodlerklub Lenk. An diese Zeiten denke ich sehr gerne zurück, hatten wir doch eine sehr schöne Kameradschaft miteinander.

Daneben hast du auch mit der Gründung verschiedener Jodlergruppen Pionierarbeit geleistet.
Zusammen mit Käthi Wampfler und einigen Eltern aus der Region Lenk und St. Stephan haben wir im Jahr 1995 die Jungjodlergruppe Lenk-Matten-St. Stephan gegründet. Die Jodlerklubs Lenk, Spillgerten Matten und St. Stephan standen der neu gegründeten Jungjodlergruppe in jeder Hinsicht bei. In dieser Zeit haben wir für viele nachkommende Kinderchöre Pionierarbeit geleistet. In den besten Zeiten sangen über 30 junge Mädchen und Buben in unserer Gruppe mit. Schon bald drängten sich viele junge Frauen auf, die nach der Chörlizeit keinen Unterschlupf in den Jodlerklubs fanden. So habe ich mich entschlossen, eine Frauenjodlergruppe zu gründen. Als die wichtigsten Abklärungen gemacht waren, haben wir Ende 1998 mit dem Proben begonnen. Die ersten sieben Proben bestritt ich, dann übergab ich das Dirigentenamt an Vreni Gafner und Silvia Zbären. 1999 wurde dann die Frauenjodlergruppe Echo vom Flösch gegründet. Der Chor besteht noch heute in blühender Pracht und unter der Leitung von Silvia Zbären.

St. Stephan ist deine Heimat. Wo hältst du dich am liebsten auf?
Ich habe mit meiner Familie ein wunderschönes Zuhause, dort geniesse ich die Zeit mit meinen Leuten, sei es Familie oder Freunde. Mein Lieblingsplatz ist jedoch die Alp Dürrenwald. Hier habe ich so meine Plätzli, wo ich mich sehr gerne aufhalte. Ich bin einfach gerne in der Natur und liebe die Freiheit und das kann ich in meiner Heimat in vollen Zügen geniessen.

Hat dieser Ort dich auch zum Komponieren inspiriert?
Oh ja; ich lasse mich vor allem im Dürrenwald inspirieren. Mit den wunderschönen Erinnerungen im Kopf schreibe ich oftmals zu Hause meine Eindrücke nieder und mit der Zeit entsteht ein neues Lied oder Jutz. 

Wie muss man sich dies vorstellen?
Ich bin ein sehr feinfühliger Mensch. Oftmals habe ich beim Wandern Hühnerhaut, wenn ich beispielsweise den «Bärgfrüehlig» oder eine schöne Herbststimmung bewundern darf. Auch schöne, aufrichtige Begegnungen mit Menschen können mich zum Schreiben animieren. Doch auch schwerere Zeiten ergeben bei mir oftmals ganz spannende Harmonien im Kopf.

Gibt es dein persönliches Lieblingslied?
Nein, nicht unbedingt. Und wenn, so ist es nicht von mir.

Wieso?
Meine Lieder sind für mich jedes Mal wieder ein Stück Leben, das ich geniessen oder empfinden durfte. Sie sind alle in irgendeiner Form von mir gelebt oder erlebt worden. Somit hat für mich jede Komposition eine Geschichte, die ich nicht missen möchte. Ich habe aber sonst Lieblingslieder von anderen Komponisten, die mir vom Text sowie von der Melodie her unter die Haut gehen.

Kommt oder kam deine Familie durch dieses grosse Engagement manchmal etwas zu kurz?
Dadurch dass ich viel unterwegs war, hat mich meine Familie tatsächlich oft entbehren müssen. In all den Jahren, als unsere drei Kinder noch klein waren und zur Schule gingen, konnte ich meinem Hobby gleichwohl viel Zeit widmen, da ich mit Annerös eine sehr verständnisvolle und fürsorgliche Frau an meiner Seite habe. Ich denke jedoch, dass sich uns durch mein Engagement auch hie und da ein «Türli» aufgetan hat, das wir sonst so nicht hätten öffnen können.

Hast du den Jodelvirus deinen Kindern weitergegeben?
Vor allem Martina hat es erwischt, sie ist selber auch Dirigentin und gibt ihr Wissen an andere weiter. Ramona hat eine wunderschöne Stimme, singt jedoch im Moment in keinem Verein. Ueli hat vor drei Jahren als 19-Jähriger mit Schwingen angefangen und hat so seine Leidenschaft entdeckt. Wir haben unsere Kinder nie zu etwas gedrängt, damit sie so sein und bleiben können, wie sie sind!

Du wirst heuer 50 Jahre alt. Welche Gefühle löst das in dir aus?
Immer wenn man einen Geburtstag feiern kann, ist man noch da! Dass es dieses Jahr ein halbes Jahrhundert ist, freut mich, ich habe kein Problem mit dem älter werden! Im kleinen Rahmen feiere ich übrigens auch alle «ungeraden» Geburtstage!

Aus der SIMMENTAL ZEITUNG vom 9. März 2017