Auch Markus Huser hat die Musik im Blut
Während Jahrzehnten war der Name Huserbuebe in der Schweizer Volksmusikszene ein Begriff für konzertante, hochstehende Vorträge. An den Auftritten stets zahlreiche Eigenkompositionen spielend, entsprang der Formation bald einmal ein eigener, unvergleichlicher Stil. Grossen Wert auf dessen Erhalt und Pflege legt seit über zwanzig Jahren Markus Huser, der Sohn des legendären Franz Huser, welcher heuer 100-jährig geworden wäre.
23.09.2016 | VON RUEDI ROTH
«Mamma» – der bekannte und populäre Walzer – entstand bereits vor den Zwanzigerjahren des verflossenen Jahrhunderts. Komponiert hatte ihn Franz Huser senior (1895-1953) im Militärdienst. Noch während der Rekrutenschule ehelichte damals der begnadete Schwyzerörgelispieler seine Lebenspartnerin Frieda Storrer. Die Beiden passten bestens zusammen und gründeten alsbald eine Familienformation, in welcher Frieda die Bassgeige spielte. Der Ehe entsprangen sieben Kinder, was zur Folge hatte, dass sich die Familienkapelle laufend vergrösserte.
Aktive Wandervögel
Die Musik lag allen Husers im Blut. Sämtliche Kinder erlernten ein Instrument und bestimmten damit auch die Vielfalt des Huser-Orchesters. Die Formation trat auch unter dem Namen Wandervögel auf, was durchaus seinen Hintergrund hatte. Die Husers waren zu jener Zeit nicht sesshaft und galten als Jenische. Als dann die Huser-Töchter nacheinander heirateten, kam es 1939 zur Gründung der Kapelle Huserbuebe. Jetzt begann die Karriere von Franz Huser junior und dessen Bruder Tony erst so richtig. Die Formation feierte Erfolge und gastierte berufsmässig in allen damals bekannten Konzertlokalen wie «Schäfli» Zürich, «Simplon» Bern, «Oberländer» Interlaken, «Palace Hotel» Montreux oder im «Volkshaus» Basel. Auslandengagements blieben nicht aus und die beliebte Ländlerkapelle bereiste als Botschafter der Schweizer Ländlermusik fast alle Kontinente. Zahlreiche bestbekannte Instrumentalisten zählten während 50 Jahren zu den Mitspielern der Formation aus dem Zürcher Weinland. In den Anfangszeiten Kasi Geisser, Ueli Martinelli und Godi Burlet und später Alois Brühwiler, Albert Buser, Hans Frey, Ueli Mooser und etliche andere Koryphäen verliehen dem Huser-Sound angepasste Unterstützung.
Die Produktion von Tonträgern war gemessen an der stetig steigenden Beliebtheit der Formation geradezu ein Muss. Über 30 Tondokumente fertigten die Huserbuebe an, welche reissenden Absatz fanden. «Unsere Absicht besteht darin, den Freunden der Ländlermusik mit gekonntem Spiel aufzuwarten», hielt Kapellmeister Franz Huser einmal fest und unterstrich damit seine Zielsetzung, die Zuhörer ausschliesslich mit gepflegten, konzertanten Vorträgen zu beglücken. Die Huser-Brüder Tony und Franz verwöhnten ihre Anhänger ausserdem mit sage und schreibe über 900 Eigenkompositionen. Viele davon finden sich bekanntlich bis in den Repertoires gar mancher Ländlerformation. Die Huserbuebe spielten mehrere Instrumente und sorgten auf den Konzertbühnen in verschiedensten Besetzungen für Hörgenuss. Akkordeon, Schwyzerörgeli, Klavier, Klarinette, Saxophon, Mandoline, Gitarre, Flügelhorn, Trompete und Bass; die Zürcher Weinländer Vollblutmusikanten zeigten sich offen und kreativ. 1989 feierten die Huserbuebe ihr 50-jähriges Bestehen, was für eine Ländlerkapelle doch aussergewöhnlich ist.
Verstummt ist der Huserbuebe-Klang auf Konzertbühnen bis heute nicht. Einer der letzten Wünsche von Franz Huser, welcher 1992 verstarb, ging nämlich in Erfüllung. Sein Sohn Markus (44) pflegt den unverkennbaren Stil seines Vaters mit viel Herzblut weiter. «Ich bin stolz auf meine Vorfahren. Das waren echte Künstler, ausgestattet mit fast unerschöpflicher Leidenschaft», hält der kommunikative Multimedia-Elektroniker klar fest. Das Haus, in welchem er mit seiner Familie wohnhaft ist, befindet sich an vorzüglichster Lage in Trüllikon. Erbaut hatte es sein Vater Franz in den Fünfzigerjahren. Damals endete ja auch die Profikarriere der Huserbuebe und sie wandten sich beruflich dem Teppichhandel zu. Als Amateurmusiker agierten die Zürcher Weinländer aber weiterhin in der Volksmusikszene. Dass Markus Huser die Spielart seines Vaters perfekt imitieren kann, liegt auf der Hand. «Unzählige Male wurde bei uns zu Hause musiziert und ich inhalierte die Klänge der jeweils anwesenden Musikanten förmlich», schmunzelt der in verschiedenen Szenen bewanderte Musikant.
Der heutige Huserbueb
Als achtjähriger Bub begann Markus mit dem Klarinettenspiel. Allerdings war nicht sein Vater als Lehrmeister tätig. Dessen forsche Art hätte den Ehrgeiz eines Schülers wohl nicht gerade gefördert, sinniert Markus. Er bezeichnet sich denn auch selbst als ein wenig übungsfaul, was aber sein Talent bezüglich Beherrschen des Instruments geradezu unterstreicht. Mit 14 Jahren trat der Bub in den Musikverein Helvetia Marthalen ein. Der ländlich sittlich gepflegte Stil passte ihm dort. Markus konnte schon damals gut Noten lesen. Doch sein Musikgehör speicherte Melodien immer sofort, was das Auswendigspielen enorm erleichterte. Der talentierte Mann absolvierte seine Diensttage im Militärspiel, wo er mit einem Saxophon ausgerüstet wurde. Markus Huser blickt gerne auf diese Zeit zurück. «Da lernte ich die Gestaltung von Melodiebögen und die möglichen Kreativitäten eines Blasorchesters so richtig kennen», erinnert er sich gerne zurück. Aus den zahlreichen Freundschaften, welche im Militär erwuchsen, keimte die Idee der Gründung einer Big Band auf. Die 16 Mann starke Formation First Cool Big Band existiert heute noch. Doch Markus Huser wollte noch mehr und war Mitbegründer der Old Iron Stompers. Alle zwei Wochen trifft sich die Dixieband zur Probe im Proberaum, welcher in Markus Haus existiert. 12 Auftritte ständen durchschnittlich an pro Jahr und die Formation verfüge über ein exzellentes Klima, welches sich auch in vielen Privatgesprächen äussere, betont Markus Huser.
Beruflich blieb der gelernte Radio- und Fernsehelektriker auch nach der Lehrzeit in derselben Firma angestellt und übernahm alsbald die Chargen Werkstattchef und Lehrlingsausbildner. Infolge betriebswirtschaftlicher Einflüsse erhielt der passionierte Berufsmann nach vielen Jahren letzthin jedoch die Kündigung seiner Anstellung. Jetzt will sich Markus vollständig selbständig machen und sein Haus, welches infolge des einstigen Teppichhandels über ein ansehnliches Volumen verfügt, wird umgebaut. Ein Schauraum für diverse Verkaufsartikel der Unterhaltungelektronik wurde in diesem Zusammenhang erstellt, doch der dienstfertige Zürcher will seinen Kunden vorwiegend auch als Reparateur zur Verfügung stehen. Doch das ist noch nicht alles, was in der Widmergasse getätigt wird. Seit Jahren wirkt Markus Huser als Aufnahmeleiter und Produzent von Tonträgern. Wie an vielen anderen Orten auch, kommen ihm hier seine zahlreichen Kontakte in der Musikszene zugute. Verschiedensten Formationen unterschiedlichster Qualität verhalf Markus schon zur Realisierung eines eigenen Tonträgers. So arbeitete er mehrfach mit dem professionellen Orchesterleiter Reto Parolari aus Winterthur zusammen. Über 3ʼ000 Titel wurden im Laufe der Jahre vom umtriebigen Zürcher Tonproduzenten schon veröffentlicht. «Darunter findet sich aber nur eine einzige Produktion mit den Klängen der Huserbuebe», weist Markus leicht entschuldigend auf den unlängst erschienenen Tonträger mit Aufnahmen aus den Fünfzigerjahren hin. Die ungebrochene Leidenschaft für Ländlermusik schimmert beim Dixieland-Klarinettisten klar durch. Er spricht gerne darüber und freut sich immer sehr auf die rund sechs Auftritte pro Jahr als Kapelle Huserbuebe. Im Zusammenspiel mit Hermann Schorno (Akkordeon) und Albert Weber (Klavier) ist der Nachfahre der legendären Ländlerkapelle sehr bestrebt, jenen unverkennbaren Stil möglichst genau weiterzupflegen.
Ein neuer Lebensabschnitt
Der Aufgabenkatalog von Markus Huser ist prall gefüllt. Dabei kann er auf die Unterstützung der Familie zählen. Seine Frau Annarösli (47) lernte Markus während der Mitgliedschaft im Musikverein Helvetia Marthalen kennen. Es habe aber fünf Jahre gebraucht, bis zwischen ihnen echte Liebe erwachsen sei, wie sich Husers lachend erinnern. Die beiden Söhne Bruno (18) und Carlo (17) befinden sich derzeit in der Ausbildung und sind oft in ihrem Elternhaus auf der Anhöhe über dem Dorf Trüllikon anzutreffen. Markus Huser fühlt sich wohl in der Aufteilung von Berufsleben und Hobby. Für ihn kommt ein professionelles Betreiben seiner Leidenschaft Musik nicht in Frage. Während den Anfängen der Huserbuebe habe sich noch ein Monatsengagement an das andere gereiht, was heutzutage schlicht nicht mehr der Fall sei in der Volksmusikszene. «Um finanziell einigermassen über die Runden zu kommen, müsste ich wohl auch Unterrichtsstunden erteilen. Dies ist aber nicht mein Bestreben, da ich Abwechslung im Alltag bevorzuge», erklärt der offene Zürcher. Mit dem Dienstleistungsbetrieb für Radio und Fernsehen, der gänzlichen Selbstherstellung von Tonträgern, den zahlreichen Auftritten mit den unterschiedlichen Formationen und vor allem auch mit dem intakten Familienleben fühlt sich Markus Huser in bester Weise ausgefüllt. Seine Frau Annarösli arbeitet zu 50 Prozent in einem Altersheim und unterstützt ihren Mann, wo sie nur kann. Selbst singt sie in einem Trachtenchor und realisiert auch einmal spontane Ideen. Husers ist es sehr wohl im landwirtschaftlich geprägten Zürcher Weinland. Sie schätzen das Privileg, in der Schweiz sesshaft zu sein. Ganz gerne begeben sie sich aber auch mal in die Ferien. Da ist nicht selten Spanien das Ziel, wo der Grabstein von Tony Huser – versehen mit einem Akkordeon – steht. Markus Huser: «Das weckt Erinnerungen und damit verbundene Dankesgefühle, die Musik im Blut zu haben!»