25.09.2017 | VON STEFAN SCHWARZ

Die 368 Hektaren grosse Oberaargauer Gemeinde Farnern befindet sich in wundervoller Lage im nordöstlichsten Zipfel des Kantons Bern. Der 800 Meter über Meer liegende Ort ist nur acht Kilometer von der Autobahnausfahrt Wangen an der Aare entfernt und insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten ein beliebtes Ausflugsziel. Oberhalb der dicken Nebelschicht bietet sich nämlich ein prächtiger Ausblick ins Mittelland und Richtung Berner Oberland, wo Wanderer und Sportler vielfältige Aktivitäten ausüben können. Die Bevölkerung der höchstgelegenen Oberaargauer Ortschaft zählt noch knapp 210 Personen und muss ihr Auskommen grösstenteils auswärts verdienen. Insbesondere für die junge Generation wird es immer schwieriger, in der Heimatgemeinde wohnhaft zu bleiben, da Farnern kaum über Mietwohnungen verfügt und neben einigen Landwirtschaftsbetrieben, dem Restaurant Jura sowie zwei Bergrestaurants fast keine lokalen Arbeitsplätze bestehen. Trotz dieser gewissen Isolation fühlen sich die Einwohnerinnen und Einwohner in Farnern wohl und pflegen innerhalb der überschaubaren Dorfgemeinschaft einen guten Zusammenhalt.

Im Dorf Farnern verankert
Während Vereine in städtischen Gebieten immer mehr an Mitgliederschwund leiden, sind in der Musikgesellschaft Farnern seit vielen Jahren immer um die 30 Musikantinnen und Musikanten aktiv. Zusammen mit den fünf Jungbläsern stehen somit ganze 15 Prozent der Bevölkerung auf der Mitgliederliste des örtlichen Musikvereins, welcher seit 1978 in Brass-Band-Besetzung musiziert. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Musikgesellschaft Farnern zusammen mit der Schützengesellschaft und dem Sportclub Rumisberg-Farnern zu den gesellschaftlichen und kulturellen Stützpfeilern der Gemeinde gehört und auf eine entsprechend grosse Akzeptanz und Unterstützung zählen darf. Auch innerhalb der Musikgesellschaft Farnern ist ein starkes, aber stets ungezwungenes, Zusammengehörigkeitsgefühl spürbar. Die jüngeren Mitglieder sind auch neben ihren musikalischen Aktivitäten oftmals gemeinsam unterwegs und besuchen die Musikproben auch dann noch möglichst regelmässig, wenn Ausbildung, Beruf oder die fehlende Wohnung im Ort den Wegzug aus der idyllischen Heimat erfordern. Dies geht natürlich nicht ganz ohne Absenzen. Dank der Motivation der Mitglieder und einer gewissen Toleranz der Vereinsleitung findet sich jedoch meist ein Weg, um die verschiedenen Bedürfnisse möglichst auf einen Nenner zu bringen. Nicht umsonst! Nach musikalischen Anlässen sitzen die Farnerer nämlich meist noch lange gemütlich zusammen und lassen ihre Instrumente gerne auch zu später Stunde nochmals spontan erklingen.

Dieser Spass am spontanen gemeinsamen Musizieren war denn auch der Ausschlag, welcher im Jahr 1980 zur Gründung der Blaskapelle Lochbrünneler führte. Der damalige harte Kern der Musikgesellschaft machte sich zum Ziel, mit ihrer Feierabend-Formation im nahen Attiswil am 3. Schweizerischen Blaskapellen-Treffen teilzunehmen. Natürlich wurde zu diesem Zweck vorher zielgerichtet geprobt, denn die Musikantinnen und Musikanten stellten von Anfang an hohe Anforderungen an sich selber. Als Name diente der Blaskapelle der Musikgesellschaft Farnern die Bezeichnung der ehemaligen Brunnstube unterhalb des Dorfes. Bevor die Gemeinde Farnern mit einer moderneren Wasserversorgung ausgestattet worden war, musste das Trinkwasser Anfang des letzten Jahrhunderts im sogenannten Lochbrunnen nämlich noch eigenhändig bezogen werden. In roten Burgunderblusen und mit eigenem Namen starteten die Lochbrünneler 1980 also Richtung Attiswil, um sich dort mit diversen anderen Schweizer Blaskapellen zu messen. Der musikalische Einstand gelang auf Anhieb und das Prädikat «sehr gut» in der Kategorie «Freie Besetzungen» motivierte zum Weitermachen. Seit der gelungenen Première besuchte die Blaskapelle Lochbrünneler unter der Leitung von André Christen jedes Schweizerische Blaskapellen-Treffen und konnte sich 2012 in Bischofszell mit dem zweiten Rang in der Kategorie «Mittelstufe» gar für den Radiowettbewerb 2013 qualifizieren. Beim Televoting um «Die beliebteste Schweizer Blaskapelle» erreichten die Lochbrünneler dort in Konkurrenz zu neun weiteren Blaskapellen aller Leistungsstufen den hervorragenden dritten Platz!

Kollegiales Nebeneinander
Die Lochbrünneler wurden im Laufe der letzten 37 Jahre nie zur internen Konkurrenz der Musikgesellschaft Farnern. Auch wenn mittlerweile nicht mehr ganz alle Musikantinnen und Musikanten der Blaskapelle auch im Mutterverein aktiv sind, ist es bis heute ganz selbstverständlich, dass die Musikgesellschaft im Probenbetrieb Priorität hat und bei möglichen Terminkollisionen vor die Interessen der Lochbrünneler gestellt wird. Mitverantwortlich für dieses kollegiale Nebeneinander sind nicht zuletzt der langjährige Dirigent André Christen und dessen Kinder Sybille und Marcel, die in Verein und Blaskapelle längst auch Verantwortung übernommen haben. Dank diesem kollegialen Nebeneinander konnten im Laufe der Jahre beide Formationen voneinander profitieren. Die Mitglieder der Lochbrünneler konnten ihr Können dank den Aktivitäten der Blaskapelle verbessern und gehören mit ihrer musikalischen Sicherheit zu den wichtigen Stützen innerhalb der Musikgesellschaft. Umgekehrt profitieren die Lochbrünneler von den wöchentlichen Vereinsproben, welche die musikalische Routine und Vielseitigkeit zusätzlich fördert.

Neben den diversen Vereinsaktivitäten der Musikgesellschaft Farnern bestreiten die Lochbrünneler jährlich rund sechs Auftritte. Das Repertoire wird von den Musikantinnen und Musikanten gemeinsam bestimmt und kennt keine bestimmten Präferenzen punkto Herkunft der Kompositionen. So findet man im volkstümlichen Programm der Lochbrünneler neben Melodien aus Tschechien auch Blaskapellentitel aus dem Egerland und der Schweiz. Dieser bunte Mix widerspiegelt sich nun auch auf dem ersten Tonträger der sympathischen Blaskapelle aus Farnern. Die CD-Produktion «Musikalische Erinnerungen» wird am Samstag, 7. Oktober 2017, in der Turnhalle Rumisberg aus der Taufe gehoben und mit Vorträgen der Dinkelberger Musikanten aus Rheinfelden (D), den Bechburg Musikanten aus Oensingen sowie Gerold’s Musikvagabunden aus Merenschwanden bereichert.

Mit treuen Fans unterwegs
Neben der steten musikalischen Weiterentwicklung und dem laufend erneuerten Repertoire hat sich im Laufe der Jahre auch das optische Erscheinungsbild der aufgestellten Truppe aus Farnern verän­dert. Die roten Burgunderblusen aus der Anfangszeit haben längst einem weinro­ten Gilet mit Edelweiss­anhänger Platz gemacht, und die seinerzeit modischen weissen Socken wurden durch schwarze ersetzt. Und quasi als «Tüpfelchen aufs I» schenkten die treuen Fans ihren Lochbrünnelern zum 25-Jahr-Jubiläum passende Wimpel, welche seither auch vor den Notenständern für ein einheitliches Erscheinungsbild sorgen. Wenn die Blaskapelle Lochbrünneler bei einem auswärtigen Engagement im Einsatz steht, dann fehlen im Dorf mehr als 20 Prozent der Bevölkerung, denn die Musikantinnen und Musikanten werden meist von zahlreichen Fans zu ihren Auftritten begleitet. Und ein Teil der daheim gebliebenen Einheimischen wartet dann bestimmt bei der Rückkehr vor der Dorfbeiz auf ihre musikalischen Botschafter, die in kameradschaftlicher Runde wie früher gerne ihre Instrumente nochmals auspacken und ihrer musikalischen Freude freien Lauf lassen!