Sein Musikerherz bestimmt die Marschrichtung
Die Magie der Musik in all ihren Facetten berührte Christoph Walter schon im Kindesalter. Nach der Ausbildung zum Berufsmusiker stellte der vielseitige Entertainer sein Können 20 Jahre lang in den Dienst der Armee und sorgte insbesondere mit der Swiss Army Concert Band für volle Konzerthallen. Mit seinem Christoph Walter Orchestra, als erfolgreicher Komponist und Arrangeur sowie als musikalischer Leiter des renommierten Basel Tattoo lebt er seinen musikalischen Traum mittlerweile freiberuflich weiter.
24.05.2016 | VON STEFAN SCHWARZ
Als ich als 1988 nach Aarau in die Unteroffiziersschule einrückte, machte mir Christoph Walter erstmals Eindruck. Er erzählte von Auftritten mit seinem Unterhaltungsduo, brachte zwischen den Lektionen am Klavier den trockenen Harmonielehrstoff zum Klingen und half tatkräftig an der Handorgel mit, unser eigenes UO-Liedli in Oberkrainerart uraufzuführen. Auch seine Affinität zur einheimischen Volksmusik war bereits spürbar und ich legte meinem damaligen Blasmusikverein mit Freude Christophs erstes handgeschriebenes Arrangement von Ernst Jakobers Oergelihuus vor. Drei Jahre später dirigierte mein Militärkollege als Musikinstruktor erstmals ein Rekrutenspiel und absolvierte alsbald die Offiziersschule. In dieser Zeit durfte ich Christoph Walter im Zürcher Oberländer Spiel Inf Rgt 26 wieder hautnah erleben und staunte, mit welch lockerer Selbstverständlichkeit er noch an der Stellprobe zum grossen Abendkonzert spotan Arrangementanpassungen umzusetzen wusste. Schon damals wurde mir klar, dass Christoph eigentlich mit Profis arbeiten sollte, da Rekruten- und WK-Spiele kaum das Können und die Agilität haben, um mit diesem Tempo und Ideenreichtum mithalten zu können.
«Spiele zuerst einen Ländler wie die guten Ländlerklarinettisten oder phrasiere einen Titel wie die Trompeter bei James Last!»
Schweizer Militärmusik mit eigenem Charakter
Der Umbau des einstigen Repräsentationsorchesters der Schweizer Armee zu teils neuartigen Klangkörpern mit Streichern gab Christoph Walter ab 1999 die Möglichkeit, seine musikalische Visitenkarte in Zusammenarbeit mit vielen professionellen Musikern mehr und mehr in persönlicher Manier zu gestalten. Dabei war er davon überzeugt, dass er mit seiner Swiss Army Concert Band nur dann Erfolg haben würde, wenn er bei der Notenwahl nicht einfach nur ins Regal der Blasmusikverlage greift, sondern die Kompositionen und Arrangements für sein Orchester entweder selber massschneidert oder entsprechend schreiben lässt. Und Walter liess sich von den Skeptikern nicht davon abbringen, stets auch Volksmusiktitel und andere gerngehörte Unterhaltungsmusik in die Programme einzubauen. Er wusste, dass das Publikum neben aktuellen Pop-Hits und lässigem Big Band-Sound unvergängliche Gassenhauer wie «Morgens um Sieben» von James Last oder das urchige «Urnerbode-Kafi» von Kurt Albert ebenfalls sehr gerne mag. Obschon sich Christoph Walter soundmässig stark am Original orientiert, drückt er seinen Arrangements gerne einen persönlichen Stempel auf. So erklang «Spanish Eyes» von Bert Kaempfert plötzlich im 5/4-Takt, ohne dass das Publikum das richtig realisierte. Die kritischen Musiker hingegen hatten auf einmal auch bei «seichter Unterhaltung» eine wahre Herausforderung und lernten den Reiz von ihnen weniger geläufigen Musikstile kennen. «Ich musste anfänglich gegen den Strom aus der Sicht der Musiker schwimmen. Das brauchte Kraft!», gesteht mir Christoph: «Aber ich sagte immer ‹spiele zuerst einen Ländler wie die guten Ländlerklarinettisten oder phrasiere wie die Trompeter bei James Last›. Vorher müssen wir über die Qualität dieser Musikstile gar nicht diskutieren!»
Vom Musikkeller zum Mr. Tattoo
Dankbar erzählt mir Christoph Walter, dass ihm das Tor zur Musik bereits im frühen Kindesalter offen gestanden hat und er sich auf Klavier, Schlagzeug und Trompete so richtig austoben durfte. Schmunzelnd berichtet er vom selbst gebauten Bühneli mit farbigen Lämpli im niederen Zivilschutzkeller und dass er als Autodidakt auf seinen drei Instrumenten mit enormem Durchhaltewillen eigentlich alles aus dem Radio nachgespielt habe, was ihn damals begeisterte. Dies war aber nicht im Sinne seiner Musiklehrer: «D Klaviertante isch verruckt worde und der Trompetelehrer isch immer hässig gsi, will ich nie s Züg vo de Stund güebt han!» Nach der dritten Sekundarschule durfte Christoph Walter bereits im Alter von 16 Jahren an der Musikhochschule Zürich sein Studium zum Berufsmusiker beginnen. Dank der von ihm gelebten und oft zitierten Dreiecksbeziehung zwischen Wissen, Fühlen und Hören konnte sich der Jüngling quasi blind in der Musik bewegen und musste zuvor mit vertiefter Notenlehre nur noch lernen, die Musik auch zu sehen. Weil der Student im inneren Ohr jedoch stets nachvollziehen konnte, was ihm beispielsweise an harmonischen Begriffen beigebracht wurde, machte ihm auch der Theorieunterricht durchwegs Spass.
Längst gehen beim Musiker Theorie und Praxis Hand in Hand einher. Der typische Walter-Sound entspringt aber noch immer dessen besonderem Bauchgefühl in Sachen facettenreicher Unterhaltungsmusik. Dies stellten in den letzten Jahren unter anderem zahlreiche Tattoo-Veranstaltungen unter Beweis, zu welchen Christoph Walter als musikalischer Leiter berufen worden war. Während nach dem Schritt in die Selbständigkeit ab 2012 anfänglich fast jeder Auftrag sein musikalisches Interesse weckte, will sich Christoph Walter heute nicht mehr so stark diversifizieren. Neben der dankbaren Funktion als Music Art Director des prestigeträchtigen Basel Tattoo setzt sich der Musiker vehement für die Weiterentwicklung seines Christoph Walter Orchestra (CWO) ein.
Orchestrales Entertainment als besondere Herausforderung
Die grossen Unterhaltungsorchester, wie man sie von Bert Kämpfert, James Last, Horst Jankowski oder Ray Coniff her kennt, haben Christoph Walter schon immer begeistert: «Die wussten genau, wie man einen Samba setzt, wie man einen Swing bringen muss oder wie man Musical- und Theatermusik richtig interpretiert.» Motiviert von solchen Vorbildern formte Walter ab 2009 zusammen mit ausgewählten Musikern, welche teilweise schon während der Zeit in der Swiss Army Band zu persönlichen Freunden geworden sind, ein eigenes Orchester mit anfänglich 42 Musikerinnen und Musikern. Das Christoph Walter Orchestra ist in seiner Art einmalig in der Schweiz und durfte in den wenigen Jahren seines Bestehens bereits grossartige Events wie Art on Ice, Swiss Indoors oder Swiss Award musikalisch umrahmen und zudem mit grossartigen Stargästen wie Il Divo, Donna Summer, Lou Bega, James Galway, Michael von der Heide, Polo Hofer, Nicolas Senn oder Carlo und Maja Brunner auftreten.
Orchestrales Entertainment à la Walter mit grooviger Rhythmussektion, samtiger Streicherabteilung, peppigem Bläsersatz und tollen Solisten ist in der heutigen Zeit jedoch ein sehr schwieriges Unterfangen. Auch wenn die Musiker ihren Job innert kürzester Probenzeit verrichten können, ist das Budget für einen Auftritt des Christoph Walter Orchestra und dem ganze Drum und Dran in der heutigen – von digitalen Musikalternativen geprägten – Zeit kaum mehr aufzubringen. «Es ist nicht die Zeit für Orchester. Aber was soll ich tun, wenn das einfach meine Leidenschaft ist?», fragt mich Christoph etwas wehmütig und freut sich zugleich auf die anstehenden Auftritte am Classics Open Air vom 27. August in Zofingen, an der Swiss Melody Gala vom 10. September in Dagmersellen oder an der Entertainment Gala des World Band Festivals am 27. September im KKL. Dort will Christoph Walter mit einem etwas kompakteren und noch attraktiveren Orchester begeistern. Er setzt auf zusätzliche solistische Darbietungen, neuartige optische Effekte und unerwartete Überraschungen, welche alle Sinne ansprechen sollen. Wie schon vor Jahren bei unseren ersten Kontakten, beeindruckt mich Christoph Walter wieder mit seinen klaren klanglichen und optischen Visionen, die er nun mit Hilfe eines erfahrenen Regisseurs zu einem zeitgemässen Erlebnis werden lassen will. Beim gemeinsamen Nachtessen, wo auch die Idee für die CD-Zusammenstellung «urchig&lüpfig» entstand, bringt es Christoph nochmals auf den Punkt: «Das zweistündige Programm muss wie ein schöner Film alle Gefühle ansprechen. Man soll unter einem kurzweiligen Spannungsbogen unbeschwert lachen, mit grossen Augen staunen, in sich kehren und inne halten oder auch mal verschämt ein Tränchen verdrücken dürfen.» Ich bin überzeugt, dass dem Multitalent Christoph Walter auch dieser Geniestreich gelingen wird.
Aktuelle CD
Zur Person
Heimatort
Schwändi GL
Familie
In einer Beziehung und Vater von zwei Söhnen im Alter von 20 und 23 Jahren.
Ausbildung
Studium an der Musikhochschule Zürich in den Fächern Trompete, Klavier, Schlagzeug und Blasmusikdirektion.
Karriere als Berufsoffizier
1991 bis 1998 als Musikinstruktor der Schweizer Militärmusik für die Ausbildung zahlreicher Rekrutenspiele zuständig. Ab 1999 bis 2005 musikalischer Leiter Repräsentationsorchester Schweizer Armeespiel (die heutige Swiss Army Central Band). 2002 bis 2012 musikalischer Leiter der Swiss Army Concert Band mit Showauftritten im In- und Ausland wie zum Beispiel an der jährlich ausverkauften Entertainment-Gala des World Band Festivals im KKL Luzern mit Stargästen wie Sandra Studer, Pino Gasparini, Caroline Chevin oder Fabienne Louves.
Musiker, Bandleader, Komponist und Arrangeur
2009 Gründung des eigenen Christoph Walter Orchestra mit hochkarätigen Profimusikern und internationalen Gästen bei Auftritten an verschiedenen renommierten Veranstaltungen. Seit 2010 Music Art Director des Basel Tattoo. 2013 und 2014 musikalischer Leiter Avenches Tattoo und Christmas Tattoo Basel. 2014 musikalischer Leiter und Coach der TV-Show «Kampf der Orchester».
Erfolgreiche Kompositionen wie «Flyin’ to the Skies», «Just in Time», «Summer Winds», «Nimm dir chli Zyt» oder «Celtic Crest» sowie Arrangements wie «Gang übers Mätteli», «Im Örgelihuus», «Urnerbode Kafi», «Malojawind» oder «Spanish Eyes» im typischen Sound von Christoph Walter für die eigenen Orchester, Blasmusikformationen und andere instrumentale Besetzungen. Seit vielen Jahren Dirigent, Gastdirigent, Coach, Workshop- und Seminarleiter im deutschsprachigen Raum.
Kontakt
Christoph Walter Orchestra
c/o axetera
Centralstrasse 8a
6210 Sursee
Telefon 058 680 21 20
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