Handorgelduo Dani & Thedy Christen
In der Vielfalt der Volksmusikbesetzungen hat jene der Handorgelduos eine lange Tradition. Es gibt sie in der ganz urchigen Sparte ebenso, wie in der etwas offeneren allgemeinen Volksmusik. Zu den heute aktiven und beliebten Interpreten in diesem Sektor gehört seit zwei Jahrzehnten das Handorgelduo Dani & Thedy Christen.
23.01.2017 | VON HANSPETER EGGENBERGER
Seit Dani Christen zum ersten Mal gemeinsam an einer Jungmusikanten-Stubete auftrat, sind 20 Jahre vergangen. Seit gut 19 Jahren ist auch der Bassist Fredy Gabriel ein ebenso begeisterter Mitspieler bei den durchschnittlich 30 alljährlichen Anlässen, an welchen das Handorgelduo vorwiegend in der Zentralschweiz zu sehen und hören ist. Ab und zu aber geht es auch über die Region hinaus, beispielsweise ans Appenzeller Ländlerfest oder an einen Auftritt in bekannten Ländlermusiksendungen wie «Potzmusig», «Hopp de Bäse!» oder «Zogä-n-am-Booge». Ihre Beliebtheit, aber auch ihren Fleiss, dokumentieren drei erschienene CDs, allesamt mit Eigenkompositionen. Das Handorgelduo Dani und Thedy Christen pflegt den Kontakt zu seinen Anhängern – viele Kompositionen sind Leuten aus ihrem Freundeskreis und dem Fanclub gewidmet. Der Zusammenhalt in ihrer Familie ist nicht nur eine wichtige Voraussetzung, sondern auch spürbar, wenn man ihnen beim Musizieren zuhört.
Mit Cousine Erika Hess
Bevor Thedy Christen mit seiner Familie zu musizieren begann, spielte er mit diversen Musikanten. Am 27. Juli 1962 geboren, wuchs er zusammen mit vier Schwestern und sieben Brüdern auf dem Altzellerberg oberhalb von Grafenort in der Gemeinde Wolfenschiessen auf. In der Nidwaldner Bergbauernfamilie stand die Ländlermusik hoch im Kurs, wenngleich nur Thedy die Möglichkeit bekam, ein Instrument zu erlernen. Sein Vater spielt auch heute, – im hohen Alter von 93 Jahren – noch Schwyzerörgeli. Er musizierte mit Ernst Niederberger, der sowohl Schwyzerörgeli als auch Handorgel spielte. Dieser war es denn auch, der Vater Christen dazu riet, seinen Sohn in die Handorgelstunde zu schicken. So kam Thedy zu seinem damals schon älteren Musiklehrer Emil Minder, bei welchem er zusammen mit fünf Mädchen – unter anderem die Cousine von Thedy und spätere Ski-Weltmeisterin Erika Hess – die Musiklektionen besuchte.
Er sei kein guter Musikschüler gewesen, sagt Thedy. Das nicht etwa, weil er kein Talent dazu gehabt hätte, sondern weil er schlicht und einfach neben den Pflichten zuhause auf dem Bauernhof sowie den Schulaufgaben als Sekundarschüler keine Zeit zum Üben fand. Ausserdem sei er nie ein Hirsch im Notenlesen gewesen. Und so sei er halt in den drei Jahren des Musikunterrichts immer der Schlechteste gewesen – was sich aber änderte, weil alle Mädchen letztlich das Handorgeln später wieder aufgaben! Thedys erste Station wurde dann die Trachtengruppe Buochs, in der er nunmehr seit bald 40 Jahren als Musikant für den richtigen Rhythmus sorgt. Die Tänze hat er damals nach Anweisung eines Kollegen im Stegreif gelernt, jener Spielart, die ihm am besten liegt. Daneben war er von der Musik der Handorgelduette Käslin-Käslin, Toggenburger-Buebe, Gebrüder Baumgartner, Gebrüder Hess oder dem Echo vom Tödi angetan, von denen er auch heute noch diese und jene Titel im Repertoire führt. Von 1979 bis 1985 trat Thedy mit Richi Herger im Handorgelduo Herger-Christen, dann weitere fünf Jahre mit Hans Graf im Handorgelduo Christen-Graf und schliesslich während acht Jahren mit Ernst Zimmermann als Handorgelduo Christen-Zimmermann auf. Als Volkstanzmusikant der Trachtengruppe Buochs reiste er über 30 Mal ins Ausland. Beruflich ist er ein leidenschaftlicher «Hölziger». Als gelernter Möbelschreiner arbeitet er seit mehr als drei Jahrzehnten bei der Firma PeBa in Buochs im Küchenbau. Nicht umsonst heisst sein allererster Schottisch «Holz bringts!».
Familie Christen
Im Mai 1986 läuteten für Thedy Christen die Hochzeitsglocken, als er sich mit Monika Brunner vermählte. Fast zur gleichen Zeit wie Thedy wurde sie am 3. Juni 1962 in Luzern geboren. Sie wuchs in einer kleinen Familie zusammen mit ihrer Schwester auf. Aus dem Lautsprecher des elterlichen Revox-Geräts erklang zuhause oft die Musik von Hans Aregger, dessen Sound auf diese Art in den Erinnerungen von Monika verwurzelt wurde. Schon länger gefiel ihr besonders das Klavierspielen und gerne hätte sie dieses Instrument schon als Kind erlernt. Zu wenig Platz in der kleinen Wohnung und auch das fehlende Geld für ein Instrument standen dem jedoch im Weg.
1987 kam der erste Sohn Daniel und drei Jahre später dessen Bruder Tino zur Welt. In dieser Zeit kam bei Monika der Wunsch auf, das Begleiten auf dem Klavier nun doch zu erlernen. Noch war es aber nur Interesse und keineswegs die Absicht, mit Thedy zusammen in der Kapelle zu spielen. Anlässlich des Eidgenössischen Schwingfest in Stans 1989 durfte das Handorgelduo Christen-Graf eine Komposition für die Fest-CD aufnehmen. Da in dieser Formation das Klavier fehlte, sprang Monika kurzerhand ein, obwohl sie erst ein Jahr zuvor mit Lernen begonnen hatte. Ab sofort war sie in der Folge ein fester Bestandteil in Thedys Formationen.
Und schon bald war auch klein Dani bei Auftritten im Familienkreis dabei. Schon als Vierjähriger begann er mit Löffeln, und als Neunjähriger durfte er sogar zwei Titel auf der CD des Handorgelduos Christen-Zimmermann mit seinen Löffeln begleiten. Es war für ihn immer klar, dass er dereinst gleich wie sein Dädi ebenfalls handorgeln würde. An der Musikschule Ennetbürgen besuchte er den Akkordeonunterricht bei Pia Rubi, die ihm eine solide Basis für sein Musizieren vermittelte. An einem Musiklager lernte Dani auch Fränggi Gehrig kennen, der alsbald ein inspirierender Musikpartner wurde. Im Duo gewannen die beiden den Schweizerischen Nachwuchswettbewerb, worauf es zu Radio- und Fernsehauftritten sowie CD-Aufnahmen kam. Verschiedene Ausbildungswege und die dazumal grosse Entfernung verhinderten ein weiteres Zusammengehen der beiden Akkordeon-Talente. Gleichzeitig aber entwickelte sich das Zusammenspiel von Dani mit seinem Vater. Danis Bruder Tino ist übrigens ebenfalls musikalisch interessiert und aktiv, jedoch nicht als Handörgeler, sondern als DJ Trice.
Dani ist von Beruf diplomierter Telematiktechniker HF. Als solcher hat er sich kürzlich selbständig gemacht und führt zu zweit die Partner Plus AG in Horw. Er ist verheiratet mit Manuela und wohnt wie seine Eltern in Ennetbürgen. Neben der Musik teilt Dani noch weitere Leidenschaften mit seinem Vater: Das Biken und Wandern. «Auch sonst haben wir wirklich viel Gemeinsames», freut er sich. Und Thedy doppelt nach: «Beim Musizieren haben wir das gleiche Gespür und müssen deshalb die Interpretationen nicht besonders absprechen!» Die Tatsache, dass hier eine intakte Familie miteinander musiziert, kommt auch bei ihrem Publikum sehr gut an. Als vierter im Bunde agiert aber auch noch Fredy Gabriel. Seine ersten Instrumente waren die Mundharmonika und das Alphorn. Etwas später kamen dann zuerst der Bariton und später die Bassgeige dazu. Zusammen mit seinen Brüdern Alois und Otti gründete er 1973 die Kapelle Bürgenstockklänge, in der er heute noch aktiv ist. Höhepunkte in der musikalischen Laufbahn des 1950 geborenen und heute pensionierten Produktionsmitarbeiters waren viele Auslandreisen. Seit über 19 Jahren ist er mit seiner Bassgeige für die tiefsten Töne des Handorgelduos Dani und Thedy Christen verantwortlich.
Eigene Musik
Einen wesentlichen Anteil an der breiten Bekanntheit der Formation haben die eigenen Kompositionen. Thedy hat mittlerweile rund 100 eigene Tänze komponiert, sein Sohn Dani auch schon deren 14. Sogar Monika hat dem Repertoire bereits zwei Titel – den Schottisch «Schlaflosi Nächt» sowie als erste Komposition den «Thedy-Fox» – beigesteuert. Ihnen gemeinsam ist die Affinität zum Foxtrott, der nach dem Schottisch bei allen drei auf Platz zwei der häufigsten Tanzarten bei Eigenkompositionen liegt. «Unser Credo ist es, jene Musik zu spielen, die das Publikum gerne hört, zu welcher sie gerne tanzen und weswegen sie uns immer wieder besuchen», erklärt Thedy. Dazu muss das Repertoire möglichst vielseitig sein. Schnell merken sie jeweils, worauf die Gesellschaft gerade anspricht. Ist das eher die urchige Ländlermusik, werden mehr Schottisch und Ländler gespielt. Ist es aber eher swingende Tanzmusik, so ist der Foxtrott ein probates Mittel. Beliebt sind immer wieder auch jene Titel, zu welchen gesungen wird. Auch die gefühlvollen Walzer und Polka haben im Repertoire einen hohen Stellenwert. Im weiteren aber erklingen auch bewährte Titel von anderen Komponisten und manchmal sind sogar Einflüsse aus der Oberkrainer Musik hörbar. «Wir haben einfach an all dieser Musik unsere Freude und merken, dass wir als Musikanten nicht nur ‹Traditionshüter› sein müssen, wenngleich uns diese sehr am Herzen liegt», bekräftigt Thedy.
Dass die Christens für unsere traditionelle Volksmusik ein grosses Herz haben, beweisen sie mit ihrem Engagement in der Szene immer wieder. Thedy wirkte während 11 Jahren im Vorstand des VSV Unterwalden mit, war vier Jahre Zentralfähnrich und während weiteren sieben Jahren als Regionalvertreter der Zentralschweiz Mitglied des VSV-Zentralvorstandes. Seit 2015 ist er deshalb Schweizerisches Ehrenmitglied des Verbands Schweizer Volksmusik (VSV). Zusammen mit dem Obbürger Alois Gabriel gründete er vor 25 Jahren den «Nidwaldner Ländlerabig», der viel zum guten Einvernehmen unter den Nidwaldner Musikanten beigetragen hat. Nach 20 Jahren an vorderster Front im OK konnte er dieses Engagement nun an seinen Sohn Dani abgeben, der diesen Verein seither präsidiert. Auch Monika war während neun Jahren OK-Mitglied dieses beliebten Anlasses.
Jubiläum und neue CD
Wenn es auch da und dort in unserem Land Familienkapellen gibt, so ist es nicht selbstverständlich, dass man über 20 Jahre in derart intensiver Art miteinander musiziert. Thedy, Dani und Monika sind dankbar dafür und wollen das anstehende Jubiläum deshalb auch gebührend feiern. Noch lassen sie sich etwas Zeit, denn zunächst müssen die Titel der Jubiläums-CD eingespielt werden. Am 23. September 2017 jedoch wird das grosse Fest in der Mehrzweckhalle Ennetbürgen steigen und die neue CD der Öffentlichkeit präsentiert. Sie wird sich sicher an den Erfolgen ihrer drei Vorgänger anschliessen und so ein weiteres Kapitel in der Geschichte des Handorgelduos Dani und Thedy Christen, aber auch in jener der beliebten Handorgelduos unseres Landes schreiben.