Jodlerfamilie Sutter
Sämtliche Mitglieder der siebenköpfigen Familie Sutter sind sich sicher: Nichts beflügelt sie mehr als aktives Jodeln und Musizieren. Unbekümmerte Spontanität, angeborenes Musikgehör und echte Traditionsausstrahlung sind nur einige Attribute für ihren Bühnenerfolg.
25.09.2017 | VON RUEDI ROTH
Die sechsjährige Leandra Sutter amtet auf dem Hof Wis in Waldkirch als Empfangsdame. Die Worte sprudeln nur so aus dem hübschen Kopf des anmutigen Mädchens. So hat man bald einen ersten Eindruck von der bestimmten Lebensart der Jodlerfamilie Sutter. Im zum Laufstall umfunktionierten Betriebsgebäude setzt Vater Markus die letzten Handgriffe beim Melken seiner behornten Kühe. Auch die restlichen Familienmitglieder empfangen den Gast mit spürbarer Lebensfreude und bald wird um den Gartentisch herum sitzend erzählt, wie es zur Jodlerfamilie Sutter kam.
Auf traditionellen Pfaden
1963 kam Markus Sutter auf die Welt und erlebte im innerrhodischen Haslen eine arbeitsreiche Jugendzeit. Der Bauernbetrieb war klein, das Einkommen karg und die Mutter hatte mit einem akuten Augenleiden zu kämpfen. Trotzdem sah der von der Landwirtschaft überzeugte Bub dem Leben frohgemut entgegen. Die Leidenschaft des traditionellen «Ruggussele» übertrug sich aber nicht von der Familie auf Markus. Nein, es waren die Einsätze als «Gässbueb», welche ihn als Erstes mit der sennischen Tradition umfingen. Gleichgesinnte Kollegen und das Mithelfen bei Alpfahrten und Viehschauen gaben dem jungen Mann Gelegenheiten, seine wohlklingende Stimme ertönen zu lassen. «Das Singen hatte mich erfasst und beglückte mein Herz», erzählt Markus Sutter überzeugend aus seiner Jugendzeit. Als Landwirt ausgebildet bot sich dem 21-jährigen Innerrhoder die Gelegenheit, im sanktgallischen Waldkirch einen Hof zu erwerben. Nun war sein Wohnort nicht mehr in der Nähe von Appenzell. Aber das Jodeln liess ihn trotzdem nicht los und Markus wurde nach mehrmaliger Einladung Mitglied im Jodlerklub Alpeblueme Herisau. Dort amtete damals der bekannte Komponist Fred Kaufmann als Dirigent. Dieser und etliche andere begnadete Sänger verhalfen dem Chor zu Ansehen und somit auch zu Auftritten, welche bis nach Giswil ins Obwaldnerland führten.
Mit drei Geschwistern – 1973 als Nachzüglerin geboren – wuchs im dortigen Giswil die lebensfrohe Ursula Enz auf. Die Volksmusik ertönte oft in ihrer Umgebung. Ihr Vater spielte in verschiedenen Ländlerkapellen, begleitete 25 Jahre lang den unvergessenen Ruedi Rymann mit der Handorgel und die Mutter liess es sich nicht nehmen, das Heim mit Gesang zu erfüllen. Der Schreiner Hans Enz reduzierte zwar seine Karriere als Jodelbegleiter und Musikant krankheitsbedingt bereits im Kindesalter von Ursula. Trotzdem übermittelte er seiner Tochter an diversen Stubeten und im geliebten Ferienhaus oberhalb von Giswil die Freude an echter Volksmusik. Bald trat das Mädchen in die Kindertrachtengruppe Giswil ein. Ländlermusik zu hören und sich dazu noch temperamentvoll zu bewegen, sprach Ursula an. Ein gutes Musikgehör wurde ihr auf den Weg gegeben, was die erlebende Aufnahme von volkstümlichen Vorträgen noch bereicherte.
Ein prägender Auftritt
Nach der Schule nahm die zierliche Obwaldnerin die Ausbildung in Angriff. Damals nannte man ihren gewählten Beruf noch Krankenschwester. Ihre Offenheit unterstreichend, absolvierte die sprachgewandte Frau ein Praktikum in Lugano. Bald darauf ergab sich die Gelegenheit, in der Trachtengruppe Sachseln mitzuwirken, was gemäss eigenen Aussagen viele tolle Erlebnisse nach sich gezogen habe. Ursprung des Flairs für das Jodeln seien aber die Besuche von Jodlerkonzerten zusammen mit ihrer Mutter gewesen. Als entscheidendes Erlebnis für Ursulas Vorliebe für den Jodelgesang aus der Ostschweiz sei der Auftritt des Jodlerklubs Alpeblueme Herisau im Jahr 1988 in Giswil zu werten.
«Ich war damals erst 15! Aber der damals 25-jährige tolle Vorjodler Markus fiel mir schon positiv auf», erinnert sich Ursula Sutter schmunzelnd. Zwar habe sie sich nachfolgend nur noch flüchtig an ihn erinnert. Schliesslich war der Weg zu weit und der Altersunterschied vermeintlicherweise zu gross. Aber etwas Anderes imponierte ihr ebenfalls: Die urige Sangesart der Appenzeller, ihre spontanen Vorträge von Zäuerli und die sennische Stimmung. Begab sich die Obwaldnerin an ein Jodlerfest, hielt sie ganz bewusst Ausschau nach roten Brustüchern. Endgültig geklickt zwischen dem Ehepaar Sutter habe es dann 1995 bei einem zufälligen Treffen am Nordostschweizerischen Jodlerfest in Dietikon. Ursula und Markus wurden ein Paar und schritten von da an gemeinsam durch das Leben. Zwischenzeitlich besuchte die junge Frau einen Jodelkurs bei Johnny Obertüfer sowie später einen bei Franz Stadelmann und fand so schnell den Weg ins aktive Jodelleben. Im Jahr 1997 heirateten die beiden.
Der Landwirtschaft war Ursula Sutter nicht unbedingt zugeneigt. Trotzdem fand sie darin – nebst ihrem Zuverdienst als Krankenschwester – Befriedigung. Jetzt kamen die ersten Kinder auf die Welt und im Hause Sutter in Waldkirch lief es rund und betriebsam. Bald einmal figurierten die ersten beiden Kinder im Ensemble der Thurgauer Jodelspatzen. Jasmin und Lukas sangen gerne und mit Leidenschaft. Verantwortlich hierfür war in erster Linie ihr Vater Markus. «Ich jodelte oft. Im Auto oder im Stall wurde gesungen, was sich in den Köpfen der Kinder einnistete», gibt er sich überzeugt. Durch das Kennenlernen von Hans Frick, Leiter des Chinderchörlis Herisau, fanden die Sutter-Kinder zu einer Art von Jodelliedern, die sie ansprach. Mit etwas späterer Begeisterung klinkte sich auch Schwester Stefanie dort ein. Im Jahr 2005 heiratete das Gotti von Sutters viertem Kind Fabian. Dieser Anlass bildete den Startschuss zur beeindruckenden Karriere der Jodlerfamilie Sutter.
Volksnahes Repertoire
Eingängige überlieferte Volkslieder und sennische Zäuerli erklingen von der Bühne, wenn Sutters ihrem Publikum die Ehre erweisen. Da hat sich seit der Gründung vor 12 Jahren nicht viel geändert. «Es waren einerseits die im Chinderchörli Herisau eingeübten Titel, welche unser Programm anfänglich bestimmten. Zudem sind gerade diese mit Tradition behafteten Titel beim Publikum nach wie vor sehr beliebt, was uns dazu bewegt, weiterhin auf sie zu setzen», erläutern Sutters ihr Repertoire. Hinzu komme, dass sie im Notenlesen nicht bewandert seien. Die Stimmen würden nach Musikgehör verteilt, wie es bei einem Zäuerli ja ebenfalls der Fall sei. Ja, dem Sennischen wollen Sutters treu bleiben. Dies spürt man auch, wenn man mit ihnen spricht. Alle Familienmitglieder haben ihr Herz an die unverfälschte Volksmusik verloren. Mit bemerkenswerter Sicherheit und Überzeugung wird da parliert und das dabei aufkommende Strahlen ist unübersehbar. Dies zeugt in der heute von Tempokommerz bestimmten Welt von gesundem Selbstbewusstsein. Was hin und wieder zu diskutieren gäbe, sei die Aussprache. «In unserem Haus sind die drei Dialekte Innerrhoden, Obwalden und St. Gallen verankert. Da muss schon manchmal ein Kompromiss eingegangen werden», lacht die älteste Tochter Jasmin. Gegen 30 Auftritte pro Jahr absolvieren Sutters. Dies bedinge oftmals eine gehörige Portion Flexibilität. Schule, Berufslehre, Landwirtschaft und Ursulas Nebenerwerb als Masseurin sind genügend Faktoren, welche eine durchdachte Organisation unabdingbar machten.
Heute und in Zukunft
Die Musikalität hat bei Sutters Kindern auch instrumental Einzug gehalten. Alle spielen mindestens ein Instrument und bereichern die Auftritte mit entsprechenden Programmblöcken. Daraus hat sich mittlerweile eine Zweitformation gebildet. Unter der Bezeichnung «Geschwister Sutter» beglücken Jasmin, Lukas, Stefanie und Fabian ihr Publikum mit rassigen Stücken. Ab und zu wird auch ein Zäuerli im Quartett angestimmt oder Lukas absolviert einen Soloauftritt mit dem Hackbrett. «In Zukunft wollen wir auch versuchen, bestimmte Lieder nach Partiturvorlagen in unser Programm einzubauen. Es erzeugt eine neue Herausforderung und wird sicher auch mit Spannung verbunden sein», blickt Ursula Sutter in die Zukunft. Diese scheint angesichts der sichtbaren Spielfreude von Sutters Kindern noch länger gewährleistet zu sein.
Derzeit geniesst die Jodlerfamilie Sutter den verdienten Erfolg und hofft, dies möglichst lange unter einen Hut zu bringen. Markus freut sich an seinem Viehbestand und will sich in Zukunft etwas mehr Freizeit gönnen. Seine Frau Ursula hat sich im Haus eine grosszügige Massagepraxis eingerichtet. Sie bietet integrierte Dorn & Breuss Therapie an und kann sich nicht über mangelnden Kundenbesuch beklagen. Danebst liest sie sehr gerne, führt kreativ das Auftrittsalbum oder widmet sich sonst ihrer Vorliebe für Handarbeit. Die ganze Familie strömt eine wahrlich echte Leidenschaft aus. Aktivbesuche von Jodlerfesten, Jodlerabende in der ganzen Schweiz und andere Engagements stehen fest im Terminkalender von Sutters. Für sie ist das Pflegen ihrer geliebten Tradition purer Lebensgenuss.
Die Geschwister Sutter
Jasmin
Selbstbewusst engagiert sich die 1998 geborene Frau in der Jodlerfamilie als mitbestimmende Leiterin. Nebst der frühen Mitgliedschaft bei den Thurgauer Jodelspatzen lernte sie Schwyzerörgeli bei Sepp Haas aus Appenzell. Ein Jahr Unterricht bei Simon Lüthi öffnete ihr neue Spielarten und hat in ihr die Freude an urchiger Musik noch bestärkt. Der ausgebildeten Drogistin fällt es leicht, den Familiengesang mit ihrem Instrument zu unterstützen. In Zukunft will Jasmin das Klavier- und Handorgelspiel forcieren. Am liebsten geht sie in den Ausgang, wo es volksnah und urchig zu und her geht.
Lukas
Geboren 1999, absolviert der grossgewachsene Lukas derzeit die Ausbildung zum Schreiner. Seit der 2. Klasse hat er bei verschiedenen Lehrmeistern das Hackbrettspiel erlernt. Als Vorbild nennt er in dieser Hinsicht Guido Neff und Hans Sturzenegger. Lukas bezeichnet sich als traditionellen Typ, welcher sich nicht von Modeströmungen leiten lassen will. Seine bevorzugten Musik-stile sind echt sennische Appenzellermusik und urchige Illgauerklänge. Die Idee, das Spiel auf der Bassgeige noch zu lernen, werde demnächst umgesetzt. Momentan übt er das Bödelen zu urchiger Musik und wird vielleicht an einem Priisbödelä teilnehmen.
Stefanie
Die Klassik hatte es der selbstbewussten Stefanie mit Jahrgang 2001 als Kleinkind angetan. Nachfolgend wollte sie das Klavierspiel erlernen und besuchte die Ausbildung bei Heidi Meier in Herisau. Mit den Noten konnte sie sich aber nie anfreunden und übte zum Leidwesen der Lehrerin nach Gehör. Nebenbei hat sie sich jetzt noch das Bassgeigenspiel beigebracht, welches sie als Bereicherung empfindet. Stefanie liebt die volkstümliche Gesellschaft und ihre Musik. Die Auftritte mit der Familie bezeichnet sie als motivierenden Lebensgenuss.
Fabian
Der jüngere Bub der Sutters rutschte fast notgedrungen in die Jodlerfamilie hinein. Erste Erfahrungen holte sich der 2003 geborene Schüler wie die älteren Geschwister im Chinderchörli Herisau. Bald aber etablierte er sich in der hauseigenen Formation als «Gradheber». Mit einem guten Musikgehör ausgerüstet, besucht er zurzeit Werner Frick, um bei ihm das Handorgelspiel zu erlernen. Derzeit liebäugelt er auch mit einer Ausbildung am Klavier. Seine Lieblingsformationen sind unter anderen das Echo vom Vitznauerstock und das Handorgelduett Frickbuebe.
Leandra
Das Nesthäkchen erblickte das Licht der Welt 2011. Sie kennt sämtliche Kühe im Stall mit Namen. Dass sie an die Auftritte mitgenommen wird, passt der quirligen Empfangsdame ausgezeichnet. Sie singt in der Jodlerfamilie schon mit und ist sich mit ihrer Eigenschaft als Energiebündel sicher, dass sie dies noch lange tun möchte.
Kontakt
Jodlerfamilie Sutter
Wis 545
9205 Waldkirch
Telefon 071 433 19 26
www.jodlerfamiliesutter.ch