Käthi Kaufmann-Ott
Die Panflöte ist im wahrsten Sinn sagenhaft, denn ihr Name stammt vom griechischen Hirtengott Pan. Sagenhaft ist aber auch immer noch ihre Wirkung. Der manchmal sanfte, manchmal klare Flötenton aus dem Bambusrohr fasziniert Jung und Alt und in allen Musiksparten. Käthi Kaufmann ist Panflöten-Lehrerin und tritt mit ihrem Mann Kurt Ott im AlpPan Duo auf.
23.11.2016 | VON HANSPETER EGGENBERGER
Eingängig beginnt die Melodie «Einsamer Hirte» mit dem Motiv von nur zwei Tönen in einem Halbtonschritt, welches James Last im Jahr 1977 mit seinem Orchester und dem Panflötensolisten Gheorghe Zamfir veröffentlichte. Es wurde zum Start für die unvergleichliche Karriere des rumänischen Panflötisten und zugleich der Start einer weltumspannenden Begeisterungswelle, die natürlich auch die Schweiz erreichte. Der Bündner Lehrer Jöri Murk kam 1968 für seine Weiterbildung nach Zürich. In jener Zeit entdeckte er seine Liebe zum Bambus-Instrument, dem er sich in seiner Freizeit stark widmete. In Zamfir fand er nach längerer Suche jenen Berater, der ihn in die Geheimnisse von Spiel und Bau des Instruments einführte. Daraus wurde nach und nach eine grosse Bewegung. Hunderte von Schülerinnen und Schülern lernten das Spiel im Unterricht bei Jöri Murk, der an der Verbreitung sehr interessiert war. Er bildete weitere Panflötenlehrer aus und baute seine eigenen Panflöten und seinen Verlag unter dem Namen «Dajoeri» aus. Zur gleichen Zeit stand Käthi Kaufmann noch im Kindesalter. In jener Zeit, als sie mit ihrer Mutter ein Weihnachtskonzert in Niederrohrdorf besuchte. Dort spielte der rumänische Panflötist Syrinx mit seinem Töchterlein. Käthi war sofort fasziniert und dachte sich, «was das kleine Mädchen kann, kann ich doch auch!» Die dort erworbene Langspielplatte lief in der Folge in der Stube der Familie Kaufmann rauf und runter.
Begeisterung in der Schweiz
Es waren solche und ähnliche Konzerte, aber ganz besonders auch oft gehörte Hits aus dem Radio, die immer wieder auf die Panflöte aufmerksam machten. Der sehr variable, fast sphärische Ton weckte das Interesse bei der Bevölkerung. Jöri Murk mit seinen Leuten bot das passende Angebot mit Unterrichtsmöglichkeiten, Literatur und Instrumenten. Panflöte können grundsätzlich alle spielen. Es beginnt mit dem reinen Erzeugen eines Tons, der dann je nach Talent, Musikalität und Feingefühl zu einem vielseitigen Klang entwickelt werden kann. «Auch nach vielen Jahren bin ich noch ständig damit beschäftigt, meine Klangfarben weiter zu perfektionieren», erklärt Käthi Kaufmann, die nach wie vor von den Tönen von Gheorghe Zamfir angetan ist: «Ich erkenne sein Spiel, seinen Klang und seinen Ausdruck in jeder Situation!» Da in den Freizeitkursen ganz allgemein mehr Frauen zu finden sind, hat die Panflöte in der Schweiz bedauerlicherweise den Nimbus eines Fraueninstruments erhalten, obwohl die grossen Vorbilder Männer sind. «Aber ich habe in meinen Kursen glücklicherweise auch einige Männer», lacht die Lehrerin. Viele Instrumente sind in der allgemeinen Wahrnehmung an ein Repertoire gebunden, manche werden als klassische Instrumente betrachtet, manche als Volksmusik-, andere als Rockmusikinstrumente. Nicht so die Panflöte, die ihren hauptsächlichen musikalischen Ursprung in der rumänischen Volksmusik hat. Aus der vorangegangenen Beschreibung ist erklärlich, weshalb die Panflöte in fast allen Musiksparten – bei uns eher in der romantischen und leichten Unterhaltungsmusik – zu hören ist. Sehr beliebt sind mittlerweile auch die Panflötenchöre, die mehrstimmig spielen und ansehnliche Grössen erlangt haben.
Vor bald zehn Jahren haben Lernende aus allen Dajoeri-Schulen im Bahnhof Zürich einen Rekord aufgestellt, als 450 Leute miteinander Panflöte spielten! Eine eigentliche Szene hat sich also entwickelt. Alle zwei Jahre findet das Panflötenseminar Schweiz statt, wo man sich trifft, Workshops besucht und sich über Neuheiten aus Verlagen und Werkstätten informiert. Zu einem wahren Mekka der Panflöte wurde das ebenfalls von Jöri Murk initiierte Panflötenfestival in Arosa, das in diesem Jahr zum 25. Mal durchgeführt wurde. Hier treffen sich viele Laien mit den weltbesten Künstlern, besuchen Konzerte und spielen frei miteinander – Musikerlebnis pur! Nach vielen Jahren intensiver Arbeit denkt der bald 70-jährige Jöri Murk an den Ruhestand. Seine Dajoeri-Schulen hat er mittlerweile an seine Lehrerinnen und Lehrer weitergegeben, die in seinem Sinn und Geist weiterfahren. Eine davon ist Käthi Kaufmann, die klar sagt: «Hätte es einen Jöri Murk nicht gegeben, so hätte sich die Panflötenszene Schweiz nicht in diesem Ausmass entwickeln können!» Das Instrument ist jetzt bei uns etabliert und sogar an manchen Konservatorien kann man das Instrument studieren. Dadurch wird die ganze Angelegenheit professioneller. Ob sich dadurch aber die Szene weiterentwickelt, ist offen. Parallelitäten bei anderen Volksmusikinstrumenten wie zum Beispiel der Handorgel, deren Szenengrösse drastisch kleiner wurde, sind nicht von der Hand zu weisen. Es muss gelingen, die jungen Generationen dafür zu gewinnen, denn zur Zeit ist ein relativ hoher Altersdurchschnitt zu verzeichnen. Wenn auch an Musikschulen Kinder unterrichtet werden, stehen Kursbesucherinnen und -besucher der privaten Schulen eher im Alter kurz vor der Pensionierung! Auskunft über die derzeitigen Unterrichtsmöglichkeiten gibt die Website www.panfloeten.ch von Panflöten Schweiz.
Käthi Kaufmann1
Am 4. Oktober 1968 wurde Käthi im aargauischen Niederrohrdorf als Zweitälteste der Familie Kaufmann geboren. Zusammen mit zwei Schwestern und einem Bruder erlebte sie eine glückliche Kindheit. Da sie am Dorfrand etwas ausserhalb des Zentrums wohnten, hatten sie zwar nicht so viele Gspänli, dafür aber unternahm die Familie sehr vieles miteinander. Nach der Bezirksschule in Baden besuchte Käthi die Kantonsschule im Wettinger Kloster, während dem sie auch ein Austauschjahr im Amerika absolvierte. Sie war immer sehr vielseitig interessiert und begabt und liebte vor allem die Sprachen. Die Berufswahl war entsprechend schwierig, weshalb sie nach der obligatorischen Schulzeit erstmals einen Sprachaufenthalt in Amerika absolvierte. Dort wurde ihr klar, dass sie im Lehrerberuf ihre vielen Neigungen am besten vereinen kann. An der höheren pädagogischen Lehranstalt liess sie sich zur Primarlehrerin ausbilden. Das sollte es aber noch nicht sein. Nach zwei Jahren Lehrerin in Remetschwil wurde sie an der Schule für Gestaltung aufgenommen, wo sie diverse Künste studieren konnte und schliesslich zur Werklehrerin wurde. An der Schule Mutschellen fand sie jenes Teilpensum, das es ihr erlaubte, neben existenzieller Sicherheit weiteren Leidenschaften zu frönen. So entwickelte sich auch ihre Tätigkeit im Bereich der Panflöte, was letztlich zur Arbeitsstelle als Verlagsleiterin in der Firma Dajoeri in Langnau am Albis führte. Daraus entstanden immer mehr auch Einsätze als Kursleiterin. Anlässlich verschiedener Fortbildungskurse besuchte sie Unterricht bei namhaften rumänischen Panflötisten wie Simion Stanciu (Syrinx), Damian Luca und Nicolae Pîrvu. 2001 absolvierte Käthi Kaufmann eine zweijährige Weiterbildung für Panflötenlehrkräfte am Konservatorium Zürich/Winterthur und erlangte 2014 an der Zürcher Hochschule der Künste ein Zertifikat in Musikpädagogik. «Es war eine sehr glückliche Zeit», erinnert sie sich mit dem Blick auf die vielseitigen Tätigkeiten in der Verlags- und Kursverwaltung sowie als Lehrerin und Kursleiterin. Heute führt sie selbständig ihre eigenen «Swiss-Pan» Panflötenschulen in Olten und Langenthal, arbeitet in einem Teilpensum an der Primarschule Bonstetten, unterrichtet Panflöte an der Musikschule Knonauer Amt und tritt zusammen mit ihrem Ehemann und Alphornsolisten Kurt Ott als AlpPan Duo auf.
AlpPan Duo
Der Alphornsolist Kurt Ott aus Aarburg ist ein musikalischer Tausendsassa, der das Alphorn schon in der Unterhaltungsmusik einsetzte, bevor die heute jungen «Cracks» darauf eingingen. Bei einem Titel, den er für den Grand-Prix der Volksmusik im Jahr 2003 eingab, erklang im Playback eine Panflöte. Da er den Titel nach dem Wettbewerb auch live vortrug, benötigte er jemanden, der dieses Instrument spielen konnte. Das führte schliesslich zum Erstkontakt mit Käthi Kaufmann. Sie verloren sich nochmals etwas aus den Augen, trafen aber bei einem ähnlichen Auftritt im Vorarlberger Fernsehen wieder aufeinander. Die Frage des Moderatoren, ob es denn in Zukunft noch weitere Titel mit ihrem Duo geben wird, kann als Initialzündung bei den beiden gesehen werden. Sie versuchten es mit «Amazing Grace», was sofort gelang und zu weiteren Arrangements animierte.
Bereits drei Monate später traten sie erstmals als AlpPan Duo auf und präsentierten eine erste CD. Die Klangverbindung zwischen dem Alphorn und der Panflöte gelingt deshalb sehr gut, weil beide ihr Instrument auf hohem Niveau spielen. Da gibt es keine der bekanntberüchtigten schrägen Alphorntöne, und die Intonation der Panflöte ist perfekt angepasst. Um ihre Titel in verschiedenen Tonarten vortragen zu können, haben sie sich Erweiterungen des Alphorns machen lassen und Panflöten in den passenden Stimmungen angeschafft.
Zu ihrer Musik gehört in den meisten Fällen die Begleitung einer Kapelle oder Band, welche aus Platz- oder auch Honorargründen oftmals durch Playbacks ersetzt werden. Aus der gemeinsamen musikalischen Tätigkeit wurde mehr. Im Jahr 2008 wurden Käthi und Kurt ein Ehepaar. Sie lacht: «Komischerweise haben uns die Leute vorher immer wieder gefragt, ob wir auch privat ein Paar seien. Seit wir es sind, ist diese Frage offenbar geklärt!» Sie freut sich darüber, dass sie jetzt einfacher Gelegenheit zum gemeinsamen Üben haben und zusammen an die Auftrittsorte reisen können. Ihre früher intensiven Soloauftritte, beispielsweise an Hochzeiten, hat Käthi mittlerweile minimiert. Hingegen spielt das Duo sehr oft in Kirchen, wo sie zur Freude des Publikums auch mit Kirchenorgel zusammen auftreten. Durch ihre Arrangements in der Volksmusik mit Begleitung einer Schwyzerörgeliformation ist Käthi auch näher mit der helvetischen Volksmusik in Berührung gekommen. Etliche Tonträger sind seither erschienen und Auftritte in Radio- und Fernsehen haben zur weiteren Bekanntheit geführt. Käthi ist glücklich über die vielfältigen Möglichkeiten, die ihr die unterschiedlichen Arbeitsorte bieten. Ob die Tätigkeiten rund um die Panflöte dereinst ihre ganze Arbeitszeit füllten, steht noch in den Sternen.