Akkordeonist Urs Meier
Volksmusik hat in den letzten drei Jahrzehnten auf allen Ebenen einen starken Vorwärtsrutsch gemacht. Dank guten Musikschulen und Jugendwettbewerben konnten junge Talente früh gefördert werden. Mittlerweile gehören «die ersten Jungen» auch schon zu den Arrivierten. Einer, der ganz an vorderster Front mitmischt, ist der Innerschweizer Akkordeonist Urs Meier.
25.09.2017 | VON HANSPETER EGGENBERGER
Urs Meier war gerade mal 15 Jahre alt, als er unter dem Namen Kapelle Schnetzer-Meier erstmals in der Ländlerszene auftrat und sofort auf sich aufmerksam machte. Mit den Geschwistern Ulrich, in der Kapelle von Philipp Mettler und schliesslich im Duo mit Remo Gwerder sah man ihn in den Folgejahren überall dort, wo gute, virtuose Ländlermusik gefragt war. Seine musikalische Beweglichkeit und natürlich sein Talent am Akkordeon ist seit 2005 auch als Studiomusiker begehrt, wobei er sich als solcher in erster Linie bei volkstümlichen Schlagern und Ländlerproduktionen profilierte. Das hatte dann auch Folgen für seine Auftritte als Livemusiker, indem er 2012 der Akkordeonist von Oesch’s die Dritten wurde, bei denen er sich auch heute noch in Szene setzt.
Familienmensch
Urs Meier wohnt heute mit seiner grossen Familie, zu welcher neben seiner Partnerin Tamara sechs schulpflichtige Kinder im Alter zwischen 5 und 9 Jahren gehören, in Emmetten hoch über dem Vierwaldstättersee. «Die Familie gibt mir grossen Rückhalt», sagt der bald 37-jährige Familienvater, der sich angesichts seiner eigenen Kinder auch in seine eigene Kindheit in Egg bei Einsiedeln zurückversetzt sieht. Dort wuchs er zusammen mit drei Geschwistern auf. Schon immer verbrachte er liebend gerne viel Zeit in der Natur beispielsweise beim Fischen oder beim benachbarten Bauernhof.
Als Berufsmusiker ist er natürlich oft unterwegs, der Anteil als Musiker macht etwa die Hälfte seiner Arbeitszeit aus. Weil er in seinem Beruf als selbständiger Instrumentenbauer in der eigenen Akkordeonwerkstatt in Emmetten arbeitet, ergibt sich die Chance, sich innerhalb der Familie dennoch überdurchschnittlich oft zu sehen. «Ich unterstreiche aber, dass das alles nur dank der starken Unterstützung durch Tamara geht. Mit so einem Leben wären nicht alle Partnerinnen einverstanden», sagt er dankbar. Urs ist mit Leidenschaft auch ein Schweizer, der die Vorzüge unseres Landes schätzt. «Wir wohnen da, wo andere Ferien machen», und genau das macht er dann auch, wenn er selber Ferien hat. Tagesausflüge sind mit der grossen Familie sowieso einfacher zu realisieren. «Und es gibt noch so viele wunderschöne, verborgene Flecken in unserer Nähe!»
Bilderbuchkarriere
Urs Meiers musikalischer Weg begann früh. Bereits im Alter von acht Jahren fing er an, sich die Kenntnisse im Akkordeonspiel anzueignen. Sein erster Musiklehrer an der Musikschule Einsiedeln war Georg Schmid. Als 13-jähriger welchselte er in den Privatunterricht zu Ernst Kälin in Wollerau. Seine Vorbilder waren die Spitzenakkordeonisten Willi Valotti oder Martin Nauer, denen er fleissig nacheiferte. Seine Musiklehrer aber öffneten ihm auch den Horizont in andere Musikwelten, etwa in die Klassik, die Unterhaltungsmusik oder auch den Jazz. Als Jugendlicher begann er mit Auftritten in eigenen Formationen oder als Mitspieler bei gleichgesinnten Kollegen. Sein Auftrittsrayon vergrösserte sich, als mit dem Eintritt in die Kapelle Philipp Mettler im Jahr 2000 ein Traum in Erfüllung ging. Hier konnte er seine bevorzugte Musikrichtung – den konzertanten Innerschweizerstil – ausführlich pflegen und seine Fähigkeiten als Akkordeonist voll ausleben.
Seine erste eigene CD erschien dann mit dem Trio Urs Meier im Jahr 2004, auf welcher er einige Eigenkompositionen vorstellen konnte. Seit dieser Zeit gehört die Arbeit im Tonstudio zu seinen regelmässigen Tätigkeiten, sei es bei Eigenproduktionen oder als Studiomusiker beispielsweise für Carlo Brunner, Alex Eugster, Tommy Mustac, Philipp Mettler, Diana, Manuela Fellner, Lisa Stoll, Geschwister Biberstein, Andrew Bond, Willi Aegeter, Peder Rizzi, Claudio de Bartolo, Florian & Seppli, Linda Fäh, Oliver Marti, Stefan Roos oder die Radys. Als Akkordeonist machte er in den Jahren 2006 mit Claudio de Bartolo und 2008 auch als Komponist am Grand Prix der Volksmusik mit. 2012 wurde er Akkordeonist bei Oesch’s die Dritten. Diese Berufung empfindet er als grosse Ehre und die Aufgabe, sich als Musiker in den fertig geformten Sound einer Formationen einzufügen, hat ihn auch musikalisch gereizt und gefordert. Natürlich aber kann er auch dort seine persönliche Note einbringen. Da die Band sehr oft auftritt, sind regelmässige Proben terminlich schwierig zu koordinieren und auch nur dann nötig, wenn ein neuer Titel einstudiert wird. Die allesamt sehr routinierten Musiker können dann oft auch die Stunden im sogenannten Soundcheck vor einem Auftritt verwenden.
Ausflug ans Dirigentenpult
Zusammen mit der Ländlermusik, die er heute vorwiegend als Studiomusiker noch praktizieren kann, hat sich Urs ein breites Feld an musikalischen Aufgaben aufgebaut, das ihn als Musiker vollumfänglich erfüllt. Zu einem eher aussergewöhnlichen Einsatz kam es in den Jahren von 2006 bis 2011. Damals suchte der Jodlerklub Alpenrösli in Einsiedeln verzweifelt einen neuen Dirigenten. Da Urs bezüglich Gesang und Jodeln keinerlei Erfahrungen hatte, war er angesichts der Anfrage zwar sehr geehrt, musste aber trotzdem verzichten. Es ist wohl der Hartnäckigkeit des Präsidenten zu verdanken, dass es dann doch noch zu einer Schnupperprobe kam: «Mein Plan war damals, eine Probe zu besuchen, um anschliessend mitzuteilen, dass es wohl nichts für mich wäre. Als ich dann beim Probelokal ankam, begrüsste mich einer der Dienstältesten mit ‹sooo, du bist also unser neuer Dirigent›. Es kam dann alles ganz anders, es gefiel mir sehr gut, ich übernahm das Amt und absolvierte dann einen Dirigentenkurs beim Jodlerverband. Ich habe es nie bereut und dabei viele gute Erfahrungen gesammelt. Nach sechsjähriger Leitung habe ich der Liebe wegen den Wohnort gewechselt und den Klub mit einem weinenden Auge verlassen!»
Zu Urs Meiers beruflichen Aktivitäten gehört immer noch sein gelernter Beruf als Handzug-Instrumentenmacher, in welchem er in seiner eigenen Werkstatt als Reparateur und Stimmer viel zu tun hat. Das Rüstzeug dafür holte er sich in der deutschen Akkordeonfabrik Hohner in Trossingen und während den drei Jahren Lehrzeit besuchte er die Berufsschule für Instrumentenbauer in Ludwigsburg und Stuttgart. Nach erfolgreich abgeschlossener Lehre übernahm er während zwei weiteren Jahren bei der Firma Hohner die interessante Aufgabe, hochwertige Instrumente wie Gola und Morino zu stimmen und verschiedentlich Endkontrollen vorzunehmen. Mittlerweile schätzen diverse Akkordeonistinnen und Akkordeonisten seine Fähigkeiten und lassen den Service ihrer Instrumente von Urs Meier machen.
Zukunftsmusik
In seiner Musikerlaufbahn hat Urs Meier bereits so vieles erreicht, dass hier kaum noch Bedarf für weitere Ziele besteht. Dennoch bleibt er natürlich offen und ist darauf gespannt, was ihm seine Karriere noch bringt. «Ehrlich gesagt, habe ich im Moment so viel um die Ohren, dass ich gar nicht auf solche Gedanken komme!» Auf etwaige Anliegen angesprochen, kommen ihm die Veränderungen in der Unterhaltungswelt in den Sinn, die in der Volksmusikwelt noch nicht angekommen zu sein scheinen. Es geht dabei um die beiden Themen Konzertdauer und Eintrittspreise. «Wenn heute ein Konzertveranstalter einen Eintrittspreis verlangt – von der Höhe des Preises reden wir ja nicht einmal –, wird er bereits als Abzocker bezeichnet», weiss er. Und betreffend die Konzertdauer plädiert er dafür, dass man diese auf beispielsweise drei Stunden begrenzt. «Es soll einfach verhindert werden, dass man das Publikum überfordert. Auch hat man so die Möglichkeit, ein Konzert aufzubauen und beim Höhepunkt das Konzert in bester Erinnerung zu beenden. Auch muss von den Gästen niemand das Konzert entschuldigend und frühzeitig verlassen, da vielleicht noch eine längere Heimfahrt bevorsteht!» Er sieht es als eigenartigen Gedanken, dass mit dem Erhalt dieser alten Zöpfe die kulturelle Tradition bewahrt werde. Viel mehr fördere man damit jenes Laientum, das man als unterste Stufe ganz in der Nähe von Dilettantismus ansiedelt, was der Qualität von Volksmusik und Jodelgesang sicher abträglich ist.
Urs Meier ist sich aber durchaus darüber im Klaren, dass dieser Missstand nicht so schnell korrigiert werden kann. Da hat einer seiner Lebensträume bedeutend mehr Chancen, Wirklichkeit zu werden: «Wenn es irgend einmal etwas ruhiger wird, beziehungsweise ich etwas mehr Freizeit habe, könnte ich mir ein kleines Fischerboot auf dem Vierwaldstättersee vorstellen. Als passionierter Angler entwickeln sich solche Wünsche!» Land&Musig gönnt ihm diese Aussicht, freut sich aber vorerst auf die vielen klingenden Freuden, die uns Urs Meier in den verbleibenden 25 Jahren bis zu seinem Pensionsalter noch bescheren wird!