Regula Ritler
Seit Kindsbeinen ist die 48-jährige Regula Ritler Jodlerin mit Leib und Seele. Ihre Bodenständigkeit hindert die Gründerin und Dirigentin des Oberwalliser Jodelnachwuchschores aber keineswegs, immer wieder musikalische und kulturelle Grenzen zu überschreiten.
23.01.2018 | VON STEFAN SCHWARZ
Eine gewisse Neugier und Weltoffenheit bekam die aus dem Lötschental stammende Regula Ritler schon während ihrer Jugendzeit mit auf den Weg. Ihre Eltern und Grosseltern verfügten über einen offenen Geist und liessen sich von den geographisch gegebenen Horizonten der Oberwalliser Täler nicht einengen. So liebte die fünfköpfige Familie Ritler beispielsweise die regelmässigen Ferientage auf der Belalp, die für Regula nach wie vor eine grosse Bedeutung haben. Dort, wo sie als Kind den Umgang mit Kühen, Schafen und Ziegen erlernen und in aller Stille den Blick über das heimatliche Oberwallis schweifen lassen durfte, tankt sie auch heute immer wieder gerne neue Energie. Weitere Oberwalliser Facetten lernte das mit zwei Brüdern aufgewachsene Mädchen durch berufsbedingte Wohnortswechsel ihres Vaters ebenfalls kennen. Ab dem zweiten Lebensjahr durfte Regula in Saas Fee eine von Bergen und Wintersport geprägte Zeit erleben, bevor sie 12-jährig mit ihrer Familie nach Visp zog und vom zentralen Ort in der Talebene aus von ganz anderen bereichernden Möglichkeiten profitieren konnte.
Gesang statt Mathematik
Im Elternhaus hatte das Jodeln keine Bedeutung. Dank den Ferientagen auf der Belalp fand Regula durch ihre Tante und ihren Onkel jedoch schon früh Gefallen an der traditionellen gesanglichen Ausdrucksweise. Ab dem Alter von 11 Jahren machte sie mit verwandtschaftlicher Schützenhilfe selber die ersten Gehversuche und bereits als 15-jähriger Teenager stand Regula Ritler erstmals in den Reihen des Jodlerklubs Aletsch Naters. Von da an setzte die motivierte Oberwalliserin die Musik definitiv ganz oben auf ihre Prioritätenliste, obschon ihr die Eltern bei guten Schulnoten im Musikunterricht immer wieder erklärten, dass für eine erfolgreiche Berufslaufbahn Sprachen und Mathematik wesentlich wichtiger seien, als die musischen Fächer. Zum Glück aber war die Tochter durchwegs eine gute Schülerin und brachte stets gute Zeugnisse nach Hause.
«Gegensätze faszinieren mich. Meine Basis ist ganz klar der Jodelgesang, aber ich bewege mich musikalisch zwischendurch gerne auch auf anderen Bühnen!»
Während der Ausbildung am Lehrerinnenseminar in Brig standen wiederum nicht die Sinus- und Kosinuskurven im primären Fokus von Regula Ritler, sondern vielmehr die wesentlich spannender klingenden Schwingungen von Fremdsprachen und der Musik. In dieser Zeit erlangte sie wertvolles Basiswissen in Musiktheorie, erlernte im klassischen Sologesang die korrekte Atem- und Gesangstechnik sowie das Spiel auf der Gitarre. Dadurch ist das musikalische Spektrum im Laufe der Jahre immer etwas breiter geworden und beinhaltet neben dem Hauptanteil Jodeln bis heute zum Beispiel auch Auftritte mit einer Jazz-Combo, Aufführungen auf Musicalbühnen sowie Chor- oder Sologesang auf klassischem Parkett: «Gegensätze faszinieren mich», kommentiert Regula Ritler diese Vielseitigkeit und konkretisiert: «Meine Basis ist ganz klar der Jodelgesang, aber ich bewege mich musikalisch zwischendurch gerne auch auf anderen Bühnen!» Unvergessen in diesem Zusammenhang sind die zwei Engagements bei den Thunerseespielen 2013 und 2014, wo die Jodlerin bei den sommerlichen Aufführungen von «Der Besuch der alten Dame» und «AIDA» als Mezzosopranistin im Chor mit von der Partie war und in diesem Zusammenhang auch ihren Bewegungsdrang und ihr schauspielerisches Flair ausleben konnte. Dieses zeigte sie unlängst übrigens auch in der ersten Staffel des Jodelmusicals «Stilli Zärtlichkeite» als Annemarie.
Aktiv im Jodelfach
Um heute auf verschiedensten Bühnen bestehen zu können, bildete sich Regula Ritler im Laufe der Jahre stets weiter. Besonders wertvoll für sie war ab dem Alter von 20 Jahren der regelmässige Unterricht bei der schweizweit anerkannten Jodlerin, Komponistin und Jodellehrerin Marie-Theres von Gunten, welche seinerzeit im Auftrag der Oberwalliser Jodelvereinigung interessierten Jodlerinnen und Jodlern jeweils montags eine fundierte Aus- und Weiterbildung ermöglichte. Nach erfolgreicher Dirigentenausbildung mit Erlernen des Klavierspiels leitete Regula
Ritler als erste Dirigentin des Westschweizer Jodlerverbandes (WSJV) den Jodlerklub Visp sowie die gemischte Jodelgruppe Bärgarve und wirkte nach einer zusätzlichen Weiterbildung auch als Kursleiterin und Jodellehrerin.
Die vielfältigen Aktivitäten im Jodelfach sowie die regelmässigen Einsätze auf anderen Bühnen waren mit der Zeit nur noch schwer mit der beruflichen Beschäftigung als Primarlehrerin zu vereinbaren. Aus diesem Grund reduzierte Regula Ritler vorerst ihr Pensum an der Schule und gab den Lehrerberuf 2009 zu Gunsten des musikalischen Engagements nach 18 Jahren vorübergehend ganz auf. Seit 2011 setzt die weltoffene und sprachlich sowie kulturell interessierte Frau ihr pädagogisches Geschick in einem
50 Prozent-Pensum an der Primarschule Naters ein und hilft Kindern aus verschiedensten Nationen im Umgang mit der deutschen Sprache. Diese Tätigkeit lässt sich optimal mit den Aktivitäten im musikalischen Bereich vereinbaren und sorgt für willkommene Abwechslung.
Oberwalliser Kinderjodelchor
Eine ganz besondere Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen pflegt Regula Ritler seit 14 Jahren als Leiterin des Oberwalliser Nachwuchsjodelchores. Die Idee für dieses ambitionierte Projekt hatte sie zuvor in aller Stille bei einem ihrer regelmässigen Besuche auf der Belalp ausgeheckt und anschliessend in Eigenregie in die Tat umgesetzt. Mit grosser Motivationskraft und persönlichem Feuer konnte Regula Ritler in dieser Zeit vielen Mädchen und Buben das Tor zur Jodelwelt öffnen, was ein Blick in die Reihen der heutigen Oberwalliser Jodlerklubs immer wieder beweist. Seit Regula Ritler als Jodellehrerin an der Oberwalliser Musikschule angestellt ist, laufen die Aktivitäten des Kinderchores über diese Institution, welche von Subventionen profitieren und dem jodelnden Nachwuchs dadurch ein interessantes Angebot bieten kann. Derzeit befindet sich der Oberwalliser Jodelchor in bester Verfassung, was die guten Rangierungen am letztjährigen Schweizerischen Folklore-Nachwuchswettbewerb sowie am kleinen PrixWalo 2017 beweisen. Regula Ritler weiss aber aus Erfahrung, dass das Niveau nicht dauernd gesteigert werden kann, da die ältesten Jodlerinnen und Jodler immer wieder ausscheiden und neuen Anfängern Platz machen. Damit immer möglichst alle gut gefördert und motiviert werden können, gibt es neben Gesamtproben auch Gruppenproben, welche das individuelle Können der Mitglieder berücksichtigt.
Wer den aktuellen Oberwalliser Nachwuchsjodelchor auf der Bühne erlebt, stellt unschwer fest, dass die 17 Kinder und Jugendlichen mit grossem Eifer am Werk sind und das jodlerische Herzblut mit ihrer Leiterin teilen. «Bei uns sind nur Kinder dabei, die wirklich aus eigenen Stücken singen und jodeln wollen», begründet Regula Ritler das Feuer jedes einzelnen Mitgliedes. Und sie freut sich auch darüber, dass es bei den Jungen in Sachen Jodeln im Oberwallis heute kaum mehr Berührungsängste gibt: «Sie stehen zu ihrem Hobby und können problemlos am Montag in die Jodelprobe gehen und am Dienstag dann wieder auf dem Fussballplatz stehen!»
Dem Gegenwind getrotzt
Regula Ritlers zielstrebiges Schaffen hat in der regionalen Jodelszene zwischendurch auch mal etwas Neid und Gegenwind ausgelöst. Die bodenständige und weitsichtige Oberwalliserin liess sich dadurch aber nie von ihrem Weg abbringen und erntet heute die Früchte ihres Engagements, indem sie regional und national immer wieder neue Möglichkeiten bekommt, ihr musikalisches und pädagogisches Können einzusetzen.
Regula Ritler
Geburtsdatum
16. Januar 1970
Herkunft
Aufgewachsen in Saas-Fee und Visp, heute wohnhaft in Naters
Zivilstand
Ledig
Hobbys
Gesang, Natur, sportliche Aktivitäten, Reisen, fremde Kulturen und Sprachen, Lesen
Beruflicher Werdegang
Nach dem Absolvieren des Lehrerinnenseminars in Brig war Regula Ritler während Jahren als Primarlehrerin in Eggerberg und Visp tätig.
Seit 2009 wirkt sie hauptberuflich als Jodlerin, Sängerin und Jodellehrerin, und seit Herbst 2011 unterrichet sie an einer Primarschule im Teilpensum Deutsch als Zweitsprache.
Musikalische Stationen
Dirigentenausbildung und Diplom (1996-1997), Jodel-Kursleiterin (1999-2000), Zusatzausbildungen als musikalische Früherzieherin und für körperorientierte Stimmbildung, gesangliche Weiterbildung in den Bereichen Klassik, Musical und Jodel, diverse Aktivitäten als Jodlerin und Dirigentin, Kursleiterin, Tonträger-Aufnahmen, Gründerin und Leiterin Oberwalliser Nachwuchsjodelchor (ab 2004), Mezzo-Sopran im Chor der Thunerseespiele (2013 und 2014), Jodlerin und Darstellerin im Jodel-Musical «Stilli Zärtlichkeite» (2016/2017).
Persönlich
Mein Sternzeichen
Ich bin Steinbock mit Aszendent Steinbock und gehe entsprechend zielstrebig meinen Weg.
Mein Charakter
Ich bin anfänglich meist zurückhaltend gegenüber unbekannten Menschen, grundsätzlich aber eigentlich sehr offen und tolerant. Ich kann Fehler vergeben, vergesse jedoch nicht, wenn mich jemand stark verletzt hat.
Meine Heimat
Die Belalp verkörpert für mich ein ganz besonderes und persönliches Stück Heimat. Hier kann ich abschalten und neue Energie tanken.
Meine Sportaktivitäten
Skifahren und Curling im Winter sowie Wandern im Sommer sind meine Lieblingsaktivitäten in freier Natur. Ansonsten stehe ich wöchentlich einmal auf dem Tennisplatz, mache Pilates und schwimme regelmässig.
Meine Tiere
Ich bin zu viel unterwegs, um selber Haustiere zu halten. Dank meinem Grossvater durfte ich mit Kühen, Schafen und Geissen aufwachsen und habe deshalb überhaupt keine Berührungsängste. Besonders gerne mag ich die eigensinnigen Schwarzhals-Geissen.
Meine digitale Welt
Handy und Laptop sind meine täglichen Begleiter im beruflichen Alltag und als praktische Arbeitswerkzeuge und Kommunikationsmittel kaum mehr wegzudenken.
Mein Spieltrieb
Ich bin überhaupt kein Spielertyp. Vor Gesellschaftsspielen drücke ich mich meistens, wobei ich mich – wenn es dann mal dazu kommt – zum Beispiel bei einem gemütlichen Jass durchaus auch vergnügen kann.
Meine Zukunft
Vorab wünsche ich mir, dass ich gesund bleiben und weiterhin meinen geliebten Tätigkeiten im Oberwallis nachgehen darf. Als reiselustiger Mensch hoffe ich zudem, dass ich meine Sprachkenntnisse vermehrt auch im Ausland einsetzen kann. Musikalisch-kulturelle Austausche durfte ich schon in Mazedonien und Südkorea erleben und derzeit ist ein Kontakt nach Finnland aktiv, wo sich ebenfalls das Erteilen von Kursen und die Vermischung von Kulturen ergeben könnte.