Fabienne Schadegg lebt für Land&Musig
Die 18-jährige Fabienne Schadegg lebt ihre grosse Leidenschaft für einheimische Volksmusik und ihre Liebe zum heimatlichen Brauchtum in mannigfaltiger Art und Weise aus. Seit Jahren ist der Chüeligurt ihr Markenzeichen und in der Freizeit trifft man die aufgestellte und selbstbewusste junge Frau nicht unbedingt dort an, wo man einen heutigen Aargauer Teenager erwarten würde.
23.07.2017 | VON STEFAN SCHWARZ
Wie so oft an den Wochenenden besuchte Fabienne Schadegg am Vortag des Land&Musig-Interviews mit Gleichgesinnten ein Schwingfest: «Zwei Kollege händ en Chranz gholt und mer send halt no chli öberhocket», erzählt sie mit einem freudigen Strahlen im Gesicht und sitzt ihrem Gast trotz der kurzen Nacht topfit und motiviert gegenüber. Sommerlich bekleidet mit T-Shirt und Hot Pants ist ihre Bodenständigkeit vordergründig nicht sichtbar. Einzig der Appenzeller Gurt um die Hüften weist an diesem Montagmorgen auf Fabiennes Herzensangelegenheit hin. Einen Chüeligurt trug die junge Aargauerin schon während ihrer Schulzeit und musste sich deswegen – oder wegen ihrer Edelweisshemden – immer wieder neckende Kommentare und Sprüche wie «Du bisch en Puur» anhören. Fabienne liess sich davon nicht beirren und mit der schlichten Begründung «Das ghört zu mir, ich bin so!» nahm sie ihren Mitschülern selbstbewusst den Wind aus den Segeln.
«Macht der de Alltag einisch Müeh, de gang i d Bärge zu de Chüeh!»
Die Passion für Traditionelles sowie eine Portion bodenständige Selbstsicherheit bekamen Fabienne und ihre 20-jährige Schwester Michelle zuhause ganz automatisch mit auf ihren Weg. Zusammen mit der alleinerziehenden und berufstätigen Mutter Madeleine wuchsen sie in Zofingen im Hause der Grosseltern auf. Diese Konstellation stärkte die individuelle Eigenverantwortung der beiden Mädchen ebenso, wie den Zusammenhalt innerhalb der Familie, in welcher das Singen und Jodeln seit jeher einfach dazu gehören. Auch die Liebe zur Natur ist ganz natürlich entstanden. «Mir sind immer gärn go wandere oder mit em Hund go laufe», berichtet Fabienne und erinnert sich dankbar ans «usse umedräcke» mit ihrer Schwester.
Jodeln und Hackbrett
Grosi Margrit Roth, die mit ihren nunmehr 75 Jahren nach wie vor eine engagierte Jodeldirigentin ist, vermittelte ihren Grosskindern schon früh die ersten gesanglichen Grundlagen. «Scho als vierjährige Chnopf han i im Chinderchörli vo de Trachtegruppe Oftrige gsunge», erzählt Fabienne rückblickend und fügt an, dass ihr Grosi sie bereits 12-jährig in ihren Trachtenchor holte. Dort erlernte der offene Teenager den unkomplizierten Umgang mit gleichgesinnten Erwachsenen und durfte viele neue jodlerische Erfahrungen sammeln, welche sie parallel dazu bei mehreren Jodelkursen noch verfeinern konnte. Heute ist Fabienne Schadegg gerngesehenes Mitglied im Jodlerklub Sins. Ganz besonders gefällt ihr dort der kollegiale Zusammenhalt zwischen Alt und Jung: «S Klima im Klub isch super und jede isch für jede da!».
Schon seit vielen Jahren ist der herbstliche OLMA-Besuch ein wichtiger Fixpunkt im Familienkalender. Ganz besonders prägend für Fabienne war der Ausflug nach St. Gallen im Jahr 2003. Dem damals vierjährigen Kind hatten es während einem Auftritt der Streichmusik Alder nämlich ganz besonders die Hackbrettklänge angetan. Als Fabienne auch drei Jahre später noch immer darum bettelte, endlich Hackbrett spielen zu dürfen, liess sich Mami Madeleine endlich erweichen. Obschon das Hackbrett im Kanton Aargau grundsätzlich keine grosse Präsenz hat, fand sich in Walde bald eine kompetente Lehrerin. Bereits nach der ersten Stunde bei Barbara Schirmer konnte das knapp achtjährige Mädchen ein einfaches Stück spielen und in der Folge befasste sich Fabienne voller Motivation täglich gut eine Stunde lang mit ihrem Hackbrett. Es folgten erste Auftritte an Geburtstagen oder Jodelabenden. Durch Zufall durfte Fabienne ihr besonderes Hobby vor sechs Jahren sogar in der TV-Kindersendung Zambo präsentieren und dort mit dem Rapper und Beatboxer Knackeboul auftreten. 2011 kam es am Schweizer Hackbrett-Tag in Wil auch zu einem besonderen musikalischen Auftritt mit Trompete und Klavier und ein Jahr später schaffte es Fabienne Schadegg mit ihrem Hackbrett bis ins Finale des Schweizerischen Folklore-Nachwuchswettbewerbes. Aufgrund dieses hervorragenden Resultates durfte die Aargauer Musikantin im Januar 2013 in der Fernsehsendung «Potzmusig» bei Nicolas Senn auftreten, der ihr wenige Monate später in der TV-Show «Alperösli» beratend zur Seite stand. Rückblickend betitelt Fabienne dieses Zusammentreffen mit ihrem Vorbild als ein besonderes Highlight!
Via Bauernhof in den Musikladen
Die grosse Leidenschaft für Natur und Tiere motivierten die Hobby-Reiterin nach dem Schulabschluss zu einer Lehre als Landwirtin. Schon bald aber machte die harte körperliche Arbeit Fabiennes Rücken zu schaffen und so platzte der erste Berufswunsch schon nach einem halben Jahr. Glücklicherweise fand sich bei der Lüscher Musik AG in Oftringen alsbald eine ebenso spannende Herausforderung für die junge Berufsfrau, die dort soeben das zweite Lehrjahr als Detailhandelsfachfrau Musik in Angriff genommen hat. Als kontaktfreudiger Mensch schätzt Fabienne den Umgang mit den Kunden ausserordentlich, welche mit ihr die Freude an der Musik teilen. Der Wechsel vom Bauernhof in den Musikladen war anfänglich schon gewöhnungsbedürftig, da Fabienne die Arbeit unter freiem Himmel nach wie vor ausserordentlich liebt. Zum Glück aber gibt es in ihrem Freundeskreis diverse Jungbauern, die es ausserordentlich schätzen, wenn ihre Kollegin in der Freizeit lustvoll mit anpackt. Ganz generell hat sich Fabienne im Laufe der Zeit einen perfekt auf sie zugeschnittenen Kollegenkreis aufgebaut, wo Edelweisshemd und Chüeligurt zu keinen dummen Sprüchen mehr Anlass geben: «Es sind alles urchigi und ländlich Lüt, wo lieber an en zünftige Ländlerchilbi oder an es Schwingfäscht gönd, anstatt ine Bar uf Züri».
Seit Beginn ihrer beruflichen Ausbildung lässt Fabienne die Hackbrettaktivitäten etwas ruhen. Einerseits fehlt ihr momentan die notwendige Zeit für weiteren Unterricht und andererseits möchte sie heute nicht mehr immer nur alleine auf der Bühne stehen. Dazu kommt, dass Fabienne vor rund zwei Jahren auch noch das Schwyzerörgeli für sich entdeckte. Schwester Michelle spielt dieses Instrument schon etwas länger und zeigte ihr auf Wunsch die ersten Grundgriffe. Nach ein paar gemeinsamen Musizierstunden packte es Fabienne so richtig und sie suchte sich auf Youtube gefällige Lumpenlieder, die sie selber auf dem Örgeli im Stegreif nachspielte. Mit ihrem bekannten Eifer ging es schnell immer besser und bald gesellte sie sich bei Stubeten unter Gleichgesinnte. Besonders dankbar in diesem Zusammenhang ist sie Max Kesselring, der als früherer Frohsinn-Wirt viele Beziehungen in die Szene pflegt und selber schon viele eigene Stücke geschaffen hat: «De Max isch e chli min Örgeli-Papi u nimmt mi immer wieder mal mit», schmunzelt Fabienne und lässt natürlich auch ihre eigene Formation nicht unerwähnt. Gemeinsam mit dem Glarner Sandro Streiff ist sie nämlich regelmässig als Schwyzerörgeli-Duo RigiLuft auf der Piste und unterhält das jeweilige Publikum gerne mit einem abwechslungsreichen Mix aus urchigen Stückli und Stimmungsmusik, die zum Tanzen und Mitsingen einladen. «S Hackbrett,» verspricht sie, «wird i dere Formation irgend einisch villicht au no zum Isatz cho. Momentan aber isch d Zyt für derigi Experiment nonig da».
Mit Power und wieder ganz still
Fabienne Schadegg ist eine junge Frau voller Power, die in ihrem Leben nach Möglichkeit nichts unversucht lässt. Im Februar dieses Jahres schmückte sie beispielsweise eine Seite im Bauernkalender und in den sozialen Netzwerken hält sie auf verschiedenen Plattformen rund 2’500 Freunde und Followers stets auf dem Laufenden über ihre Aktivitäten. Meist im Edelweisshemd und mit obligatem Chüeligurt sieht man Fabienne dort mit dem Örgeli, inmitten von Kühen oder bei ausgiebigen Wanderungen in der schönen Natur. Und genau in diesem Umfeld kommt Fabienne Schadegg neben all ihren beruflichen, musikalischen, familiären und kollegialen Aktivitäten gerne auch mal zur Ruhe. «Zum Bispil im Früehlig wenn i de Bärge obe alles blüeht, chönnt i eifach härehocke, drü Stund lang nüt mache u nume lose, luege u gniesse …».