Renate Lüthi
Renate Lüthi aus dem emmentalischen Rüderswil ist Jodlerin mit Leib und Seele. Mit ihrer überzeugenden und gewinnenden Art zieht sie als Sängerin, Dirigentin, Kursleiterin, Jodellehrerin oder Motivatorin bei Workshops ihr Umfeld immer wieder von Neuem in den Bann des Jodelns.
23.09.2016 | VON STEFAN SCHWARZ
Als älteste von drei Töchtern wuchs Renate Lüthi-Kropf auf einem Bauernhof in Riggisberg im Berner Mittelland auf. Der Milchwirtschaftsbetrieb mit rund einem Dutzend reinen Simmentaler Kühen sowie der prächtige Blick Richtung Berner Oberland waren für das Mädchen der Inbegriff von Heimat. Das Musizieren ihrer beiden Onkel auf dem Schwyzerörgeli und das bunte Volksmusikprogramm aus dem Radio machten diese ländliche Idylle auch musikalisch perfekt. Obschon im Elternhaus selber niemand aktiv jodelte, liess sich Renate sehr früh von der bodenständigen Sangesart begeistern. Im Pupertätsalter fand sie bei volkstümlichen Anlässen mehr und mehr den Anschluss zu Gleichgesinnten und entdeckte in geselliger Runde ihr eigenes Gesangstalent. Auch nach der Schulzeit wurde das spontane Stegreifsingen von überlieferten Liedern nach Tanzabenden beim «Käfele» im privaten Rahmen oft bis in die frühen Morgenstunden gepflegt. Renate erinnert sich gerne an diese unbeschwerte Zeit zurück und erzählt, dass sie schon damals eine Vorliebe für das Singen der zweiten Stimme entwickelte: «Ich spürte ganz automatisch, wie eine zweite Stimme zu tönen hat und fühlte mich in dieser Funktion ganz besonders wohl!» Das ist bis heute so geblieben, auch wenn Renate Lüthi sängerisch natürlich problemlos auch den Lead übernehmen könnte.
Jetzt erst recht
Im Alter von 20 Jahren wollte sich die junge Bernerin vertieft mit ihrem Hobby auseinandersetzen und besuchte beim Bernisch-Kantonalen Jodlerverband einen ersten Kurs. Unter den Fittichen von Miriam Schafroth musste Renate Lüthi dort als Mittel zum Zweck erstmals mit einer vorgegebenen Notenpartitur arbeiten und durfte ihre zweite Stimme nicht einfach nur nach Gefühl im Stegreif singen. Das war anfänglich sicherlich ungewohnt, aber heute weiss Renate Lüthi, dass neben einem guten Gehör auch Notenkenntnisse die Arbeit im Bereich des Jodelns vereinfachen können.
Nach diesem ersten Kurs war die junge Jodlerin nicht mehr zu bremsen. Sie gehörte rund zwei Jahre lang dem Quartett «Chüejerlüt Schangnau» an, erweiterte bei zusätzlichen Kursen ihr Können und nahm 2004 erstmals mit einem Duett an einem Jodlerfest teil. Ab 2005 war Renate Lüthi während 10 Jahren im Duett mit Christine Schlüchter unterwegs und durfte zusammen mit ihr und dem langjährigen Begleiter Michel Aeschbacher unzählige schöne Auftritte in bester Harmonie erleben. Ein letzter Höhepunkt war die gemeinsame Teilnahme am bernisch-kantonalen Jodlerfest im vergangenen Jahr in Hasle-Rüegsau, welcher die unvergessliche Zusammenarbeit mit einem erfolgreichen Vortrag beendete. Seit diesem Jahr steht Renate Lüthi mit dem Ehepaar Brigitte und Daniel Glücki im Terzett auf der Bühne, welches wiederum feinfühlig von Michel Aeschbacher mit Handorgel und Schwyzerörgeli begleitet wird. Der Wechsel zur aktuellen Terzettbesetzung erfolgte nicht zufällig. Renate Lüthi wollte die schöne Duettzeit nämlich einfach so stehen lassen und läutete deshalb am diesjährigen Jodlerfest in Steffisburg eine hoffentlich nicht minder erfolgreiche und erspriessliche neue Ära ein.
«Jodeln ist Balsam für
die Seele und berührt mich
bis tief ins Herz hinein!»
Renate Lüthi ist musikalisch und jodlerisch äusserst offen und kann sich an verschiedenen klingenden Ausdrucksformen erfreuen. Als Jodlerin und Dirigentin ist sie persönlich eher dem natürlichen und bodenständigen Jodelgesang zugetan, der ihr Herz ja schon in jungen Jahren eroberte. In diese Sparte gehören zum Beispiel Kompositionen der Berner Jodel-Altmeister Adolf Stähli, Jakob Ummel und Ernst Sommer oder Lieder von Franz Stadelmann, Ueli Moor, Ruedi Bieri, Stephan Haldemann, Miriam Schafroth und vielen anderen.
Zielstrebig unterwegs
Die jodlerischen Aktivitäten von Renate Lüthi beschränkten sich in den letzten Jahren aber nicht nur auf die erwähnten Duett- und Terzettaktivitäten. Mit dem Besuch des Dirigentenkurses im Jahr 2006 und dem Kursleiterkurs im Jahr 2010 liess die Powerfrau klar durchblicken, dass sie sich vermehrt im Jodelfach engagieren will. Ein ganz wichtiger Schritt in diese Richtung erfolgte 2011 mit der Übernahme des Jodlerklubs Blasenfluh Oberthal. Renate Lüthi beweist ein gutes musikalisches und menschliches Gespür im Umgang mit diesem reinen Männerklub, der auf der Bühne ohne Beisein der Dirigentin die Leistung abrufen muss. Das war neu für die Jodler, da ihre früheren Leiter selber in den Reihen standen. Umso stolzer und erleichterter waren Klub und Dirigentin nach der ersten kantonalen Feuerprobe am Jodlerfest 2015 in Hasle-Rüegsau, wo die angestrebte Höchstnote denn auch erreicht werden konnte. «I ha sehr Früüd a dene Manne», berichtet Renate Lüthi dankbar und gibt offen und ehrlich zu, dass sie beim Wettvortrag als Zuhörerin mitten im Publikum vermutlich viel nervöser war, als die Jodler selber. Das kommt nicht ganz von ungefähr. Mit psychologischem Geschick vermittelt die Dirigentin ihren Sängern bei den Proben ganz bewusst die nötige Sicherheit und Ruhe, um bei den Auftritten die bestmögliche Leistung abrufen zu können. «Wie es in diesen Momenten aber in mir drinnen aussieht, steht wieder auf einem anderen Blatt», schmunzelt Renate Lüthi vielsagend.
Längst gibt die Mutter von zwei Teenagern im Alter von 11 und 12 Jahren ihr Können auch als Kursleiterin weiter und engagiert sich zudem in der Kurskommission des Bernisch-kantonalen Jodlerverbandes. Aufgrund privater Veränderungen setzt Renate Lüthi seit geraumer Zeit auch beruflich alles auf die jodlerische Karte. In ihrem Kurslokal im Schützenhaus Rüderswil betreut sie mittlerweile bis zu zwanzig Jodlerinnen, Jodler und Kleinformationen, und begleitet diese individuell auf ihrem musikalischen Weg. Daneben hat Renate Lüthi in der Form von Jodel-Workshops ein zusätzliches berufliches Wirkungsfeld gefunden, in welchem sie ihre musikalische und menschliche Feinfühligkeit optimal einsetzen kann. Zu ihren Kunden gehören zum Beispiel Tourismusorganisationen, Ärztevereinigungen oder Firmen, welche ihren Gästen oder ihrem Team einen rudimentären Einblick ins Jodelfach und damit ein besonderes Gruppenerlebnis ermöglichen wollen.
Die besondere Herausforderung für Renate Lüthi liegt dabei meist in der Tatsache, dass die oftmals zufällig in dieser Gruppe zusammengefundenen Teilnehmer zuerst ihre Hemmungen gegenüber sich selber und ihren Kollegen abbauen müssen. «Erst dann ist ein lockerer Umgang mit der Stimme und eine harmonische Gruppendynamik überhaupt möglich», erklärt die Workshop-Leiterin und fügt an, dass es dabei ja um nichts geht und der gemeinsame Spassfaktor durchaus auch seinen Platz haben muss. Diese Crash-Kurse mit Menschen, die sich vorgängig unter Umständen gar nicht mit dem Jodeln auseinandersetzen wollten, führen zwar nicht unvermittelt zu einem Mitgliederzuwachs in den Jodlerklubs. Der Offenheit und Toleranz gegenüber unserem klingenden Brauchtum dienen sie aber alleweil. Renate Lüthi bringt es auf den Punkt: «Wenn eine Gruppe nach einer Stunde motivierter Arbeit ein einfaches Lied mit Jodel – im besten Fall sogar zweistimmig – wiedergeben kann, dann lacht definitiv nicht nur mein eigenes Herz!»
Renate Lüthi
Herkunft
Riggisberg BE
Familie
In einer Partnerschaft und Mutter der beiden Kinder Simon (12) und Stefanie (11).
Beruflicher Werdegang
Nach einem Haushaltslehrjahr absolvierte Renate Lüthi in einer Metzgerei die Ausbildung zur Detailhandelsangestellten. 15 Jahre lang arbeitete sie zusammen mit ihrem Ex-Mann auf dem familiären Landwirtschaftsbetrieb in Grosshöchstetten, verbrachte in diesem Zusammenhang 12 Alpsommer im Eriz und bot mit ihrer Familie für das «Projekt Alp» im Bereich Suchttherapie und Krisenintervention während sechs Jahren entsprechende Therapieplätze an.
Seit 2013 lebt Renate Lüthi ihre jodlerische Leidenschaft beruflich aus und erteilt neben ihrem Engagement im Dienst des Bernisch-Kantonalen Jodlerverbandes (BKJV) auch privaten Jodelunterricht für Einzelpersonen und Gruppen oder lässt bei Workshops Aussenstehende ein paar Takte Jodlerluft schnuppern.
Aktuelles jodlerisches Engagement
Dirigentin Jodlerklub Blasenfluh Oberthal (ab 2011), Jodelterzett Glücki-Lüthi (ab 2016) sowie Michel Aeschbacher, Kursleiterin und Kurskommissionsmitglied BKJV.
Andere Hobbys
Wanderungen in freier Natur, Werkeln rund ums Haus, Blumen/Geranien, Pferde, Ausreiten sowie gelegentliche Wellness-Ausflüge.
Persönlich
Mein Sternzeichen
Ich habe nachgelesen, dass Fische sensibel, feinfühlig und intuitiv sein sollen. Das trifft auf mich absolut auch zu.
Mein Charakter
Ich bin ein authentischer, natürlicher, aufgestellter und fröhlicher Mensch. Meinen angeborenen Sinn für Ordnung und Genauigkeit musste ich im Laufe der Jahre etwas relativieren. Heute kann ich auch mal ein Auge zudrücken.
Meine Heimat
Ich fühle mich überall dort zuhause, wo ich willkommen bin und geschätzt werde. Die richtigen Menschen und das passende Umfeld sind die Basis für mein persönliches Heimatgefühl.
Mein Spieltrieb
Im Glücksspiel versuchte ich mich bislang noch nicht und Gesellschaftsspiele waren noch nie mein Ding. Höchstens einen Jass klopfte ich auch schon mal.
Meine Sportaktivitäten
Ich bin keine aktive Sportlerin. Wandern, spazieren und reiten in freier Natur geben mir aber die Möglichkeit, vom Alltag abzuschalten und in mich zu gehen.
Meine Tiere
Die reine Simmentaler Kuh ist seit Kindsbeinen mein Lieblingstier. Mit meinem Lebenspartner befasse ich mich heute gerne mit unseren drei Freiberger Pferden, unserem Hund und unserer Katze.
Meine digitale Welt
Handy und Laptop gehören zu mir und erleichtern viele Arbeiten sowie den Kontakt zu meiner Kundschaft.
Meine Zukunft
Ich wünsche mir, dass ich gesund bleiben, weiterhin schön singen und aktiv mit mei-ner Stimme arbeiten kann. Ein nächstes Ziel im Jodelfach ist der Jurorenkurs, um bald auch als Expertin tätig sein zu können.
Schlagworte