Geris Ländlertipp vom 7. Dezember 2016

Die Kunst des Zuhörens

Wenn der heutige Stardirigent Daniel Barenboim (1942) – bereits als siebenjähriges Wunderkind auf dem Klavier für Furore sorgend – am Sonntag im SRF in der Sternstunde Kultur angekündigt ist, um über die Kunst des Zuhörens zu diskutieren, macht das neugierig. Das Gespräch mit dem grandiosen Musiker zum Thema Hören und Zuhören ist von Beginn an fesselnd. Schon die wenigen ersten Sätze lassen überraschende Erkenntnis zu, die gut in diese Adventszeit passen.

Selbstverständlich stehen Musiker und Musik, Instrumente, Orchester, Konzerte, Komponisten und Werke, im Mittelpunkt des höchst interessanten Gedankenaustausches zwischen Gast und Moderatorin. «Hören und Zuhören sind zwei Dinge», sagt Barenboim. «Wir hören. Aber wir hören nicht zu. Wir hören Musik zwar im Flugzeug, im Lift, am Telefon beim Warten, im Restaurant, im Warenhaus. Doch weil wir von ihr dauerberieselt werden, hören wir sie schon gar nicht mehr. Obwohl wir hören. Wir sind somit nicht fähig, sie zu geniessen». Barenboim vergleicht das mit Lesen. «Man kann auch nicht lesen, ohne zu denken». Und zitiert auch das Beispiel von gehörschädigend lauter-, oder Musik, die ihren Namen kaum verdient: « Man hört beide (und wie), aber das ist eher Weghör-Musik! Und dann die Inspiration: «Selbst der Stille soll man zuhören»!

Der Stille zuhören? Stimmt, überlege ich. Menschen glauben, nichts zu hören, wenn es rundum still ist. Sie lassen sich darum selbst beim Joggen oder Spaziergang im Wald via Kopfhörer berieseln. Und verpassen schönste Momente wie das Rauschen gefallener Blätter, das Gurgeln des sprudelnden Wassers im Bächlein, das orchestrale Singen der Vögel, das Pfeifen windumwehter Baumkronen oder das Knacksen dürrer Äste unter ins Gehölz fliehender Tiere. Der Stille zuhören heisst, mit Stille klar kommen. Einige Minuten für sich ganz alleine haben. Ist es eigennützig, Zeit und Stille auch jenem Menschen, dem wir rund um die Uhr am nächsten sind, zu geben? Ich denke nicht. In der Zeit, wo wir uns fast ausschliesslich um Familie, Partnerschaft, Freundschaften, Beruf und Gesellschaft kümmern, sollten wir uns als eigener Weggefährte teuer genug sein, an der Stille zu arbeiten. Und – auch der Stille zuhören!

Geris Ländlertipp mit vielen aktuellen Ausgehtipps gibt es jeweils auch akustisch auf www.radiotell.ch